Kanton übernimmt zu grossen Teilen Corona-Einnahmeausfälle

Wer kommt für die coronabedingten Einnahmeausfälle der Spitäler auf? Bund? Kanton oder Krankenversicherer? Der Kanton Graubünden hat bereits eine Lösung präsentiert.

, 20. April 2020 um 07:52
image
  • spital
  • coronavirus
  • graubünden
  • versicherer
  • santésuisse
Die Anordnung, nur dringend medizinisch angezeigte Untersuchungen, Behandlungen und Therapien durchzuführen führt dazu, dass die Fallzahlen in den Spitälern komplett eingebrochen sind. So entgehen den Spitälern und Kliniken monatlich Einnahmen im zweistelligen Millionenbereich. Die Frage ist nun: Wer kommt für diesen finanziellen Schaden auf? Der Bund müsse mithelfen, weil er das Angebot bestellt hat, sagen manche aus der Branche. 
Andere sehen aber auch die Kantone in der Verantwortung. So übernehmen etwa im Kanton Graubünden Kanton und Gemeinde die Mehrkosten der Beschaffung von Material wie Masken oder Schutzkleidung. Aber auch den Mehraufwand für die Umstellung von Abläufen und Prozessen. Die Aufwendungen werden im Rahmen von Beiträgen für gemeinwirtschaftliche Leistungen an die Institutionen ausbezahlt. 

Versorgungssicherheit wäre akut gefährdet

Auch die gravierenden Einnahmeausfälle der Spitäler im stationären und ambulanten Bereich werden ebenfalls zu grossen Teilen vom Kanton übernommen, teilt der Kanton Graubünden mit. Dies, weil die Übernahme dieser Kosten kaum anderweitig gedeckt werden dürfte. Ein ähnliches Vorgehen hat bereits der Kanton Bern angekündigt. 
Ohne die Übernahme dieser Einnahmeausfälle, welche die Spitäler auch kurzfristig bereits in finanzielle Engpässe bringen, wären sowohl die kurzfristige Versorgung der Bevölkerung in der Coronakrise, aber auch die langfristige Versorgungssicherheit akut gefährdet, steht in der Mitteilung zu lesen. 

Mit den Versicherern  eine Lösung finden

Eine definitive Festsetzung der Beiträge an gemeinwirtschaftliche Leistungen und der Höhe der Übernahme von Einnahmeausfällen wird voraussichtlich erst gegen Ende 2021 möglich sein. Wenn die Spitäler wieder im Normalbetrieb arbeiten, könnte es zudem zu einer Überkompensation kommen, sagen Branchenexperten. 
Auch Einnahmeausfälle aus Sozialversicherungen in den ambulanten und stationären Bereichen der Spitäler wird der Kanton Graubünden zu 90 Prozent übernehmen. Es wird jedoch erwartet, dass die Übernahme der Einnahmeausfälle mindestens für den ambulanten Bereich auf Bundesebene thematisiert und mit den Krankenversicherern eine Lösung zu deren Beteiligung gefunden werde.

Nicht auf dem Buckel der Versicherten

In jedem Fall erwartet die Bündner Regierung eine Senkung der Krankenkassenprämien für das Jahr 2021 im Umfang der durch die Covid-19-Pandemie entstandenen Einsparungen bei den Krankenversicherern.  Die Versicherer, die 45 Prozent bei stationären Fällen finanzieren, profitieren zurzeit vom Aufschub vieler Eingriffe.
Für den Krankenkassenverband Santésuisse müssten die Ertragsausfälle über die Reserven der Spitäler und, wenn diese nicht mehr reichen sollten, durch die Eigentümer und Kantone gedeckt werden. «Alles andere wäre eine Zweckentfremdung von Prämiengeldern auf dem Buckel der schon arg gebeutelten Versicherten», sagt Santésuisse-Sprecher Matthias Müller gegenüber der «Aargauer Zeitung».
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Neue Zuversicht bei Gesundheit Mittelbünden

Nächstes Jahr soll das Defizit um etwa ein Drittel kleiner sein als in diesem Jahr. Die Personalfluktuation sank deutlich. Die Massnahmen des Frühjahrs zeigten bereits Wirkung.

image

Krankenkassen: Gezielte Empfehlungen sollen künftig erlaubt sein

Bisher dürfen Krankenversicherungen ihre Kunden nicht je nach ihrer Erkrankung über geeignete Massnahmen informieren. Das soll anders werden.

image

Gehälter von KVG-Managern «haben inakzeptable Höhen erreicht»

Die Kommission für soziale Sicherheit des Nationalrats kritisiert die hohen Gehälter einiger Krankenkassenmanagern und schlägt eine gesetzliche Deckelung vor.

image

Pharmagelder 2024: Zuwendungen an Schweizer Ärzte steigen leicht

2024 erhielten Ärzte, Spitäler und Fachgesellschaften zusammen 262 Millionen Franken – 16 Millionen mehr als im Jahr davor.

image

Engadin: SGO bereitet sich auf «Worst Case»-Szenario vor

Das Spital Oberengadin bereitet seine Schliessung vor – für den Fall, dass seine Trägergemeinden die befristete Übergangsfinanzierung ablehnen. Ersatzweise würden KSGR und Klinik Gut einspringen.

image

Swica zahlt wieder für Genfer Privatkliniken

Die anderen grossen Kassen haben sich bereits mit den Spitälern geeinigt. Nun hat auch die Swica wieder einen Vertrag für ihre Privat- und Halbprivatpatienten in drei Genfer Kliniken.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.