Curafutura galt in der Debatte der letzten Wochen ja als eine Art «Weisser Ritter»: Viele erwarteten, dass der kleinere Kassenverband das revidierte Tarmed-Paket gutheissen werde – und es dann beim Bundesrat auch so einreichen würde.
Aber nichts da. Man könne den neuen Arzttarif in der vorliegenden Form nicht gutheissen, so
die Mitteilung aus Bern. Das Werk habe zwar gute Ansätze, aber entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben.
Der Verband verlangt daher die Überarbeitung der Tarifstruktur. In der geplanten Form sei das Paket nicht sachgerecht und genüge betriebswirtschaftlichen Anforderungen nicht.
Wo sind die Regeln? Wo die Limitationen?
Curafutura sei weiterhin bereit, «den von den Tarifpartnern eingeschlagenen Weg gemeinsam und konstruktiv weiterzugehen», so die Stellungnahme weiter.
Der Verband bemängelt, dass Regeln zur Überprüfung von Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Leistungen weitgehend fehlen. Ausserdem würden fehlende Mengen- und Zeitlimitationen bei der Abrechnung der Einzelleistungen zu unvorhersehbaren Mengen- und Kostensteigerungen führen. Die Vorgabe, dass die Revision kostenneutral erfolgen müsse, sei also nicht erfüllt
Konkret erwartet Curafutura, dass die Kosten für medizinische Leistungen mit der neuen normierten Tarifstruktur generell um 4 bis 5 Prozent steigen würden – das heisst um rund 500 Millionen Franken. Die von der Ärzteschaft geforderte mittelfristigen Anpassungen der Normierung würden eine schrittweise Kostensteigerung von etwa 4 bis 5 Milliarden Franken nach sich ziehen.
Gesucht: «eine sachgerechte Struktur»
Santésuisse, der grössere Kassenverband, rechnete mit Mehrkosten von einer Milliarde (siehe etwa
hierhier), dann sogar von bis zu drei Milliarden (siehe etwa hier).
Curafutura fordert nun eine Tarifstruktur «mit einem klaren Regelwerk»; die Beteiligten sollten sich zu «einer sachgerechten Struktur bekennen, welche für die Versicherten keine Mehrkosten zur Folge hat».
«Ein Ansinnen, das nicht akzeptiert werden kann»
Direkt wendet sich Curafutura dabei gegen die von vielen Ärzten geforderte Anpassung der Normierung in den kommenden Jahren. «Die Prämien der Krankenversicherung sind für viele Familien schon heute kaum mehr tragbar», sagt Curafutura-Direktor Pius Zängerle: «Die von den Leistungserbringern geforderten zusätzlichen Milliarden sind ein Ansinnen, das Curafutura als Vertreterin von vier Millionen Versicherten nicht akzeptieren kann.»
Die kommenden Monate müssten nun zwingend zur Überarbeitung der jetzt vorliegenden Tarifstruktur eingesetzt werden.
Im Hintergrund steht, ein Signal des zuständigen
Gesundheitsministers Alain Berset: Danach will der Bundesrat nicht gleich im Juli vom Eingriffsrecht Gebrauch machen. Als nächstes wird Berset mit den Parteien Gespräche führen: «So könnten Sie sich noch auf eine Tarifstruktur einigen oder zumindest zu überteuerten Leistungen Änderungen einreichen.»
Originelle Einzelgänger-Modelle werden es schwer haben
Die Signale aus Bern und aus dem BAG sind allerdings recht klar: Originelle Einzelgänger-Modelle dürften kaum eine Chance haben; entweder kommt ein Paket, auf das sich die wichtigsten Leistungsträger einigen, oder aber der Bundesrat legt die Tarife eigenständig fest.
Die grundsätzliche Position findet sich übrigens in den Sätzen, die beim BAG erhältlich sind, wenn man sich um eine Stellungnahme zur Ablehnung der neuen Tarmed-Struktur durch die wichtigsten Verbände erkundigt:
«Die Tarifstruktur Tarmed ist veraltet. Sie basiert grösstenteils auf Daten aus den 90er-Jahren und wurde nie grundsätzlich revidiert. Es ist unumstritten, dass eine Revision notwendig ist. Die Tarifpartner haben angekündigt, den Tarifvertrag mit der revidierten Tarifstruktur bis Ende Juni 2016 zur Genehmigung durch den Bundesrat einzureichen. Sollte dies nicht geschehen, wird der Bundesrat über das weitere Vorgehen befinden. Die subsidiäre Kompetenz ermöglicht es dem Bundesrat, bei Bedarf selbst Anpassungen am Tarmed vorzunehmen.»
So weit, so klar.