Einmal untersuchen – zweimal kassieren: Es hätte ein einträgliches Geschäftsmodell werden können, wenn es nicht publik geworden wäre. Doch von Anfang an: Ein Arzt, der bei der IV-Stelle des Kantons Aargau angestellt ist, hatte den Auftrag, einen verunfallten Mann zu untersuchen.
Arzt wollte Untersuchung ein zweites Mal verwerten
Der Patient hatte sich bei der Arbeit so schwer an der Schulter verletzt, dass er nicht mehr voll arbeitsfähig war. Die Invalidenversicherung liess deshalb vom Arzt abklären wie stark die Verletzung die Arbeitsfähigkeit beeinträchtige.
Was dann passierte, machte das «Regionaljournal Basel Baselland» von Radio SRF publik: Der IV-Arzt versuchte, die Untersuchung, die er für die IV-Stelle Aargau gemacht hatte und für die er von dieser Stelle bezahlt wurde, auf gewinnbringende Art ein zweites Mal zu verwerten.
Zehn Prozent Erfolgsbeteiligung
Mit dem Patienten vereinbarte der Arzt nämlich, dass er diesem einen ärztlichen Bericht der Untersuchung zustelle. Diesen Bericht solle der Patient der Unfallversicherung SUVA einreichen. Dort habe er gute Aussichten auf eine Integritätsentschädigung.
Diesen Rat erteilte der Arzt nicht uneigennützig: «Falls Sie Erfolg haben, könnte ich mir vorstellen, dass Sie mir zehn Prozent als Honorar zukommen lassen», teilte der dem Patienten in einem Begleitschreiben mit. Angefügt war die Bankkontonummer des Arztes.
Nicht entlassen, aber verwarnt
Die Sozialversicherung Aargau (SVA) bestätigt gegenüber Medinside die Schilderungen. Das Verhalten des Arztes akzeptiere die IV-Stelle nicht, sagte Sprecherin Linda Keller. Der Arzt ist verwarnt, jedoch nicht entlassen worden. Er hatte Glück.
Denn er ist ein langjähriger Mitarbeiter. Und er habe sonst gut gearbeitet, betont Linda Keller. Der Arzt habe zudem glaubwürdig dargelegt, dass er vor allem dem Patienten habe helfen wollen. Ausserdem habe er schriftlich bestätigt, dass es ein einmaliger Versuch gewesen sei.
SVA duldet keine solchen Doppelrollen
Trotzdem ist die SVA vorsichtig geworden: «Solche Doppelrollen dulden wir nicht», sagt Linda Keller. Die SVA wird das all ihren Ärztinnen und Ärzten mitteilen.