Ärzte auf der Intensivstation in Schweizer Spitälern sollen sich nicht mehr an die maximal zulässige Arbeitszeit pro Woche halten müssen. Dies fordert die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI),
wie der «Blick» berichtet. Die Zeitung beruft sich auf die Vernehmlassungsantwort der SGI zur geplanten Änderung des Arbeitsgesetzes, die dem Blatt vorliegt.
Während das Arbeitsgesetz heute eine Höchstarbeitszeit von 50 Stunden pro Woche vorschreibt, wollen die Intensivmediziner dem Bericht zufolge längere Arbeitszeiten ermöglichen. Der Grund liegt unter anderem darin, Fehlerquellen bei der Übergabe von Patienten zwischen verschiedenen Assistenz- und Oberärzten zu vermeiden.
«Wegen der strengen Anwendung des Arbeitsgesetzes können die Assistenz- und Oberärzte die Kontinuität der Patientenversorgung heute nicht gewährleisten», sagt SGI-Präsident Thierry Fumeaux gegenüber der Zeitung. Neben der Patientenversorgung leide auch die Qualität der Ausbildung unter dieser Zersplitterung der Arbeit.
Patientensicherheit gefährdet?
Doch Fumeaux verhehlt nicht, dass es zum Schluss auch ums Geld geht: «Um das Arbeitsgesetz einhalten zu können, braucht es immer mehr Assistenzärzte», sagt er weiter. Und dies bedeutetet höhere Kosten. Auch deshalb habe die SGI den Vorschlag zur Lockerung des Arbeitsgesetzes in den Raum gestellt.
Patientenschützer kritisieren den Vorschlag scharf. Sie befürchten die Gefährdung der Sicherheit von Patienten, wenn Ruhezeiten nicht eingehalten würden. Bereits heute überschreiten Ärzte häufig die gesetzlich vorgeschriebene Maximalarbeitszeit pro Woche. Dies zeigt eine Umfrage des Verbands Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte aus dem Jahr 2017. Im Schnitt kommen diese bei einem Vollzeitpensum auf fast 56 Stunden pro Woche.
Thierry Fumeaux beurteilt dies anders: «Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die Patientensicherheit nicht automatisch erhöht, wenn das medizinische Personal weniger arbeitet», sagt der Chefarzt der Spitalgruppe L'Ouest Lémanique aus Nyon. Die Debatte um die Arbeitszeiten basiere viel zu stark auf subjektiven Eindrücken statt auf objektiven Beweisen.