Der Eingriff fand bereits am 10. Dezember statt, jetzt wurde er bekanntgegeben: Kinderchirurgen des Inselspitals und Spezialisten der Hôpitaux Universitaires de Genève trennten zwei frühgeborene Mädchen – in einer Operation, die fünf Stunden dauerte. Die siamesischen Zwillinge waren grossflächig an der Leber zusammengewachsen, besassen aber alle lebenswichtigen Organe.
Die Kinder waren acht Wochen vor dem Termin zur Welt gekommen, per Kaiserschnitt und im Rahmen einer Drillings-Geburt. Sie wogen dabei 2'200 Gramm. Das dritte Mädchen kam gesund zur Welt.
Eingriff acht Tage nach der Frühgeburt
Die unüblich frühe Trennung – nur acht Tage nach der Frühgeburt – wurde nötig, weil zu viel Blut durch die Leber vom einen Kind zum anderen floss: Ein Kind hatte deshalb zu viel Blut und einen viel zu hohen Blutdruck; das andere Kind erhielt bei zu niedrigem Blutdruck zu wenig Blut. «Wir konnten nicht länger warten», sagte Steffen Berger, der Chefarzt für Kinderchirugie am Inselspital,
in der «Sonntagszeitung»: «Sonst wären beide Kinder wahrscheinlich relativ rasch gestorben.»
Beteiligt am Eingriff und an der Betreuung von Mutter und Kindern waren Spezialisten aus den Bereichen Geburtshilfe, Neonatologie, Pädiatrische Intensivmedizin, Pädiatrische Bildgebung, Kinderanästhesie, OP-Pflege, Kinderchirurgie und Kinderherzchirurgie.
Genfer Spezialisten schon vor Geburt einbezogen
Im Zentrum des Eingriffs stand die Trennung der Lebern und der darin verlaufenden grossen Blutgefässe. Daher wurde das Genfer Kinder-Leberchirurgie-Team Barbara Wildhaber und Jim Wilde bereits vor der Geburt eingebunden. Als sich der Gesundheitszustand der Mädchen eine Woche nach der Geburt verschlechterte, bot das Inselspital die Genfer Kollegen kurzfristig zur Operation auf.
Zusätzlich beteiligt war der Berner Kinderherzchirurg Alexander Kadner, weil die Kinder auch am Herzbeutel und Brustkorb verbunden waren.
«Bereits die Vorbereitung und Betreuung der Geburt durch die Kollegen der Geburtshilfe und Neonatologie war herausfordernd», sagt Steffen Berger. «Die anschliessende Stabilisierung der Kinder auf der Kinderintensivstation und eine MRI-Untersuchung durch die pädiatrische Bildgebung mit speziell angepassten Techniken waren die Voraussetzung, um den Eingriff bei so kleinen Kindern wagen zu können.»
Zwei Anästhesieteams
Während der Operation waren zwei komplette Kinder-Anästhesieteams im Einsatz. «Die perfekte Teamarbeit der Ärzte und Pflegenden verschiedener Disziplinen waren hier der Schlüssel zum Erfolg», so Berger.
Die beiden Mädchen erholen sich nun auf der Kinder-Intensivstation. Bisher entwickeln sie sich sehr gut, teilt das Inselspital mit.
In der Schweiz wurden in den letzten 30 Jahren nur zweimal siamesische Zwillinge geboren, die nach der Trennung überlebten.