Premiere am Inselspital: Jüngste Siamesische Zwillinge getrennt

Das Berner Unispital hat in Kooperation mit dem Universitätsspital Genf frühgeborene Siamesische Zwillinge getrennt. Nie zuvor wurden zwei so kleine miteinander verwachsene Kinder erfolgreich operiert.

, 31. Januar 2016 um 13:17
image
Der Eingriff fand bereits am 10. Dezember statt, jetzt wurde er bekanntgegeben: Kinderchirurgen des Inselspitals und Spezialisten der Hôpitaux Universitaires de Genève trennten zwei frühgeborene Mädchen – in einer Operation, die fünf Stunden dauerte. Die siamesischen Zwillinge waren grossflächig an der Leber zusammengewachsen, besassen aber alle lebenswichtigen Organe.
Die Kinder waren acht Wochen vor dem Termin zur Welt gekommen, per Kaiserschnitt und im Rahmen einer Drillings-Geburt. Sie wogen dabei 2'200 Gramm. Das dritte Mädchen kam gesund zur Welt.

Eingriff acht Tage nach der Frühgeburt

Die unüblich frühe Trennung – nur acht Tage nach der Frühgeburt – wurde nötig, weil zu viel Blut durch die Leber vom einen Kind zum anderen floss: Ein Kind hatte deshalb zu viel Blut und einen viel zu hohen Blutdruck; das andere Kind erhielt bei zu niedrigem Blutdruck zu wenig Blut. «Wir konnten nicht länger warten», sagte Steffen Berger, der Chefarzt für Kinderchirugie am Inselspital, in der «Sonntagszeitung»: «Sonst wären beide Kinder wahrscheinlich relativ rasch gestorben.» 
Beteiligt am Eingriff und an der Betreuung von Mutter und Kindern waren Spezialisten aus den Bereichen Geburtshilfe, Neonatologie, Pädiatrische Intensivmedizin, Pädiatrische Bildgebung, Kinderanästhesie, OP-Pflege, Kinderchirurgie und Kinderherzchirurgie.

Genfer Spezialisten schon vor Geburt einbezogen

Im Zentrum des Eingriffs stand die Trennung der Lebern und der darin verlaufenden grossen Blutgefässe. Daher wurde das Genfer Kinder-Leberchirurgie-Team Barbara Wildhaber und Jim Wilde bereits vor der Geburt eingebunden. Als sich der Gesundheitszustand der Mädchen eine Woche nach der Geburt verschlechterte, bot das Inselspital die Genfer Kollegen kurzfristig zur Operation auf.
Zusätzlich beteiligt war der Berner Kinderherzchirurg Alexander Kadner, weil die Kinder auch am Herzbeutel und Brustkorb verbunden waren.
«Bereits die Vorbereitung und Betreuung der Geburt durch die Kollegen der Geburtshilfe und Neonatologie war herausfordernd», sagt Steffen Berger. «Die anschliessende Stabilisierung der Kinder auf der Kinderintensivstation und eine MRI-Untersuchung durch die pädiatrische Bildgebung mit speziell angepassten Techniken waren die Voraussetzung, um den Eingriff bei so kleinen Kindern wagen zu können.»

Zwei Anästhesieteams

Während der Operation waren zwei komplette Kinder-Anästhesieteams im Einsatz. «Die perfekte Teamarbeit der Ärzte und Pflegenden verschiedener Disziplinen waren hier der Schlüssel zum Erfolg», so Berger.
Die beiden Mädchen erholen sich nun auf der Kinder-Intensivstation. Bisher entwickeln sie sich sehr gut, teilt das Inselspital mit.
In der Schweiz wurden in den letzten 30 Jahren nur zweimal siamesische Zwillinge geboren, die nach der Trennung überlebten.

  • «Siamesische Zwillinge erfolgreich getrennt»: Zur Mitteilung des Inselspitals

Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Zürcher Krankenhäuser und Versicherer haben sich geeinigt

Nun ist ein jahrelanger Streit beendet: Die Zürcher Spitäler vereinbaren mit Helsana, Sanitas und KPT einen Taxpunktwert von 93 Rappen - ein Kompromiss.

image

Balgrist-Team behandelt im Spital Männedorf

Das Spital Männedorf hat eine neue Klinik für Orthopädie und Traumatologie. Das Team kommt vom Balgrist.

image

Solothurner Spitäler: Bericht zu CEO-Lohn bleibt vorerst geheim

Noch ist unklar, ob Zusatzzahlungen an den Ex-Chef der Solothurner Spitäler rechtens waren. Der Bericht dazu ist da - aber nicht öffentlich.

image

Kispi wegen «Riesenfete» kritisiert – doch die Köche arbeiten gratis

Das überschuldete Kinderspital Zürich feiere seinen Neubau mit einem Michelin-Sternkoch, schreibt ein Online-Medium provokativ.

image

Weitere Umstrukturierung bei Hirslanden – Thomas Bührer in die Konzernleitung

Die Spitalgruppe schafft intern eine neue «Region Mittelland». Damit sollen die Versorgerregionen auch näher an der Konzernleitung sein.

image

«Architektur kann zu Heilung beitragen»

Das neue Kinderspital Zürich wurde heute eingeweiht. Am 2. November nimmt es seinen Betrieb am neuen Standort auf.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.