Hochkonjunktur für Event-Mediziner

Medizinisches «Miet-Personal» von Firmen wie Docs bekommen zu tun. Sie testen die Besucher der Pilot-Events, welche die Kantone bewilligen.

, 9. Juni 2021 um 11:38
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Die 200 freien Mitarbeitenden, welche der Arzt Bänz Thomann aufbieten kann, reichen derzeit kaum aus: Die Firma Docs, die er vor fast 30 Jahren gegründet hat, muss immer wieder Veranstalter abweisen. Dabei schien das letzte Jahr für die Event-Medizin eines der schlechtesten seit langem zu werden: Die meisten Veranstaltungen waren abgesagt.

Zuerst Testen, dann Impfen

Doch plötzlich tat sich letzten November ein neues Tätigkeitsfeld für die Ärzte, Pflegefachleute und Rettungssanitäter auf, die bei Docs ihre Einsätze leisten: Der Kanton Bern suchte Personal für seine Schnelltestzentren, durfte aber den Spitälern keine Angestellten abwerben. Also meldeten sich die Behörden bei Docs. Denn das medizinische Personal, das für die Bieler Firma arbeitet, macht dies zwar gegen Lohn, aber in der Freizeit.
Die schnell aufgebauten provisorischen Testzentren brauchte es aber nur ein paar Wochen. Der Kanton hob sie wieder auf, als der Bedarf nachliess. Für Docs folgte gleich der nächste Auftrag: Impfungen mit dem Berner Impf-Truck, einem Lastwagen, der in die entlegeneren Regionen des Kantons fährt.

Testkonzert mit «Patent Ochsner»

Bald ist auch die Mission des Impf-Trucks beendet. Doch dann beginnt die Saison für die Event-Mediziner erst richtig: Der Bundesrat hat die Durchführung von Pilotveranstaltungen bewilligt – mit strengen Schutzkonzepten. Docs kommt auch hier gleich wieder zum Zug: An einem Konzert mit «Patent Ochsner» in Bern.
Der Kanton will die Test-Anlässe beobachten und Nachtestungen machen. Das Ziel: Die Erfahrungen sollen weitere Öffnungsschritte ermöglichen.

Bern darf es nicht ohne Masken versuchen

Allerdings machte der Bund den Bernern zumindest einen halben Strich durch die Rechnung: «Patent Ochsner» hätte gemäss den Plänen des Kantons vor 500 Leuten spielen sollen, die zwar alle geimpft oder getestet sind, aber keine Masken hätten tragen müssen und sogar stehend hätten konsumieren dürfen.

Massentests am Openair Gampel

Doch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) pfiff den Kanton zurück: Es gelte Maskentragpflicht. Für Docs ändert das allerdings nicht viel. Und Bänz Thomann schaut schon auf die nächsten Grossaufträge: Etwa das Openair Gampel. Dort wird Docs bis zu 5000 Personen testen müssen. «Das wird eine grosse Aufgabe sein. So etwa haben wir noch nie gemacht», sagt Bänz Thomann und fügt hinzu: «Aber wir wissen ja jetzt schon gut, wie das mit Testen und Impfen funktioniert.»
Und wie Festivals funktionieren, weiss Thomann noch besser: Die medizinische Betreuung am legendären Berner Gurten-Festival war der allererste Auftrag von Docs. Dass seine Mitarbeitenden und er dereinst das Publikum einer ganzen Veranstaltung gegen ein Virus testen würden, das hätte er damals allerdings nicht geglaubt.
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Im Impftruck des Kantons Bern können bis zu 500 Personen pro Tag geimpft werden. Im umgebauten Truck, der bis vor kurzem zum Testen verwendet wurde, befinden sich nun fünf Impfkojen. Die Gemeinden informieren ihre Bewohnerinnen und Bewohner mittels eines Flyers über den Impftag im Truck. | PD
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