Auch das Berner Obergericht sieht es als erwiesen an, dass ein Diplomat der libyschen Botschaft Gelder veruntreute – mit Unterstützung eines Berner Chefarztes. Dies berichten die «Berner Zeitung» und der «Bund».
Die Vorinstanz verurteilte den Arzt im Januar 2019 bereits zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 22 Monaten,
wie auch Medinside berichtete. Das Obergericht verurteilt ihn nun milder: zu einer bedingten Geldstrafe von rund 94'000 Franken. Denn das Delikt fand vor einer Gesetzesrevision statt, deshalb sei aus Gründen der Verhältnismässigkeit eine Geldstrafe angemessener.
Botschaft überwies ihm Geld, das er weiter transferierte
Im Gerichtsfall geht es um Kostenschätzungen für medizinische Behandlungen für libysche Staatsbürger. Für seine Tätigkeit erhielt der Arzt den gesamten Betrag für die angeblichen Behandlungskosten direkt von der libyschen Botschaft auf sein Firmenkonto überwiesen.
20 Prozent der von ihm prognostizierten Kosten durfte der Internist behalten: insgesamt 180'000 Franken – rund 10'000 Franken pro «Patient». Der Rest musste er auf private Konten eines libyschen Diplomaten weiterleiten.
Er habe gedacht, das sei gang und gäbe
Aufgeflogen war der Fall, weil eine Bank die merkwürdigen Geldflüsse von insgesamt fast 1 Million Franken der Schweizer Meldestelle für Geldwäscherei meldete.
«Ich habe nicht eine Sekunde gezweifelt, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte», verteidigte sich der Arzt laut «Berner Zeitung». Er habe gedacht, das sei gang und gäbe.
Botschaft stellte keine Ansprüche
Beim Beschuldigten handelt es sich um einen ehemaligen Chefarzt einer Hirslanden-Klinik in Bern. Inzwischen arbeitet er nicht mehr dort. Ihm wurde gekündigt, weil er dabei offizielles Briefpapier seines Arbeitgebers benutzte, ohne dass man dort davon wusste. Heute ist er in einem Berner Ärztezentrum als Hausarzt tätig.
Die oberste kantonale rechtsprechende Behörde verurteilt ihn zudem zur Zahlung einer Ersatzforderung in Höhe von 180’000 Franken. Dieser Betrag würde bei einer rechtskräftigen Verurteilung in die Kantonskasse fliessen. Denn die libysche Botschaft stellte keine Ansprüche: Alle Überweisungen seien angeblich rechtsmässig gewesen. Der Diplomat arbeitet nach wie vor für die Botschaft in Bern.
Wehrt sich gegen Urteil
Der vom Obergericht verurteilte Arzt und Titularprofessor der Universität Bern hat bereits Berufung gegen das Urteil eingelegt. Für ihn gilt weiterhin die Unschuldsvermutung. Nun wird sich das Bundesgericht mit dem Fall beschäftigen müssen.