Die Konkurrenz für den Rollstuhl wird intensiver

Dieser Tage kommt ein Exoskelett auf den Markt, das günstiger, leichter und flexibler sein will als alles zuvor. Da stellt sich endgültig die Frage: Wann kann solch ein Gerät den Rollstuhl ersetzen? Und: Ab wann bezahlt die Versicherung?

, 29. Februar 2016 um 10:00
image
  • trends
  • roboter
  • orthopädie
  • versicherer
Neue Entwicklungen bei den Prothesen gehören zu den wichtigsten medizinischen Entwicklungen in diesem Jahr: Diese Ansicht teilen bekanntlich viele Experten (mehr dazu hier). 
Eine dieser konkreten Entwicklungen könnte das Exoskelett sein: Gut möglich, dass 2016 da zum Jahr des Durchbruchs wird. 
Dass die elektronische Gehhilfe weitgehend den Rollstuhl ablöst – diese Perspektive verfolgt zum Beispiel ein Ableger der kalifornischen Universität Berkeley, SuitX. Das Unternehmen bringt im kommenden Monat ein Exoskelett auf den Markt, das etwa 40'000 Dollar kosten wird und insgesamt 12 Kilo schwer sein soll.

Motoren aus Obwalden

Natürlich gibt es mittlerweile diverse elektronische Krücken, die es Patienten mit Verletzungen oder Lähmungen an den Beinen erlauben, selbstständig zu gehen – gestützt, aber auch elektro-motorisch unterstützt. Dazu gehört etwa «Hal» von der japanischen Cyberdyne oder die Produkte von Ekso Bionics, ReWalk und (etwas imposanter) Rex Bionics;  bei letzteren kommt übrigens ein Motor der Obwaldner Firma Maxon Motor zum Einsatz.
SuitX gewann nun den höchstdotierten Preis für Roboter, den UAE AI Robotics for Good Award. Dieser Preis, dotiert mit einer Million Dollar, ging an die Entwicklung eines SuitX-Modells für Kinder mit neurologischen Krankheiten wie der infantilen Zerebralparese oder einer Spina bifida.

Wie rasch bewegt man sich damit fort? 

Doch was letztlich darüber entscheiden dürfte, ob und wie rasch sich solche Stützstrukturen durchsetzen, ist die Kombination aus Preis, Gewicht und Effektivität (wozu beispielsweise auch die Gehgeschwindigkeit gehört oder die Strecke, die man mit einer einzigen Batterieladung überwinden kann).
Interessant nun, wie das kalifornische Unternehmens hier den besten Mix erreichen will: mit Minimalismus. SuitX bietet nicht High-Tech, sondern benützt möglichst einfache Prinzipien und etablierte Technologie, um die Geräte günstig in der Herstellung und leicht in der Bedienung zu machen.

Entscheid: Die Krankenversicherung muss zahlen

Beispielsweise besteht das ganze Angebot aus einem Hüftmodul und je zwei Knie- und Fussmodulen, die je nach Bedarf auch einzeln erworben und kombiniert werden können.
Der nächste Streitpunkt zeichnet sich hier übrigens schon am Horizont ab: Wie sehr ist die Finanzierung solcher Angebote noch Privatsache. Vermutung: Nicht mehr lange – auch das lässt ein Blick über den Atlantik ahnen. Dort wurde vor zwei Wochen eine US-Krankenkasse vom zuständigen Aufsichtsgremium dazu verpflichtet, einem Kunden das erste von der Aufsichtsbehörde FDA abgesegnete Exoskelett zu finanzieren. Dieses Modell der Firma ReWalk kostet umgerechnet 70'000 Franken.

Film: Exoskelett für Kinder – Präsentation von SuitX anlässlich des UAE AI & Robotics for Good Award


.

  • Siehe auch: «Digitale Helfer in der Medizin: Hier bleiben Sie stets auf dem Laufenden»

Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Das nächste Feld für die KI: der Schockraum

Das deutsche Fraunhofer-Institut stellt zwei AI-Anwendungen vor, die in der Notfall-Abteilung live Informationen und Ratschläge bieten – und auch noch Formulare ausfüllen.

image

Klinik Gut: CEO Marco Salzgeber geht, Urs Baumberger springt ein

Die Suche nach einer definitiven Lösung für die Chef-Stelle der Bündner Orthopädie-Gruppe läuft.

image

Assura gibt ihr Vorschuss-System auf

Die Krankenversicherung Assura bezahlt Arzt- und Apothekenrechnungen künftig direkt. Versicherte müssen das Geld nicht mehr vorschiessen.

image

Thomas Boyer und die vier Hauptprobleme im Gesundheitswesen

Der Chef der Groupe Mutuel prüft den Austritt aus dem Kassenverband Santésuisse.

image

Viel Zustimmung für Kostenbremse im Gesundheitswesen

Bald kommt eine Initiative vors Volk, welche die Healthcare-Branche massiv betreffen könnte. Sie hat offenbar intakte Chancen.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

Vom gleichen Autor

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.

image

Wer will bei den Helios-Kliniken einsteigen?

Der deutsche Healthcare-Konzern Fresenius sucht offenbar Interessenten für den Privatspital-Riesen Helios.