Die bestbezahlten Lobby-Jobs im Gesundheitswesen

Die lukrativsten Mandate und Nebenämter finden National- und Ständeräte in der Gesundheitsbranche. Wer wieviel verdient.

, 17. Oktober 2019 um 05:00
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Am Sonntag finden die eidgenössischen Wahlen für das neue Parlament statt. Ob es zu grossen Umwälzungen kommt, wird sich zeigen. Klar ist: So mancher neu gewählte Parlamentarier dürfte sich auf den Geldtopf der Gesundheitsbranche stürzen.
Viele Mitglieder der Gesundheitskommissionen beider Räte profitieren nämlich von Zusatzmandaten im Gesundheitssektor – oder sind eng mit der Branche verbandelt. Für diese Mandate kassieren sie jährlich viel Geld. Derzeit sieht die Rangliste so aus:
  • Josef Dittli (FDP): Präsident Curafutura 140'000 Franken
  • Lorenz Hess (BDP): VR-Präsident Visana 140'000 Franken
  • Heinz Brand (SVP): Präsident Santésuisse 100'000 Franken
  • Roland Eberle (SVP): Vizepräsident Groupe Mutuel: 90'000 Franken
  • Erich Ettlin (CVP): CSS-Verwaltungsrat 80'000 Franken
  • Martin Schmid (FDP): Verwaltungsratspräsidium Kantonsspital Graubünden 80'000 Franken
  • Ulrich Giezendanner (SVP): Verwaltungsrat KPT: 65'000 Franken
  • Ruth Humbel (CVP): Verwaltungsrat Concordia: 34'000 Franken, Verwaltungsrat Swiss Medical Network (SMN): 30'000 Franken: 64'000 Franken
  • Isabelle Moret (FDP): Präsidentin Spitalverband H+: 44'000 Franken
  • Silvia Schenker (SP): Verwaltungsrat Universitätsspital Basel (USB): 32'400 Franken
Quelle: Geschäftsberichte/Medienberichte (2017/2018)

Auch Leistungserbringer haben gute Drähte

Die Honorar-Bandbreite der gut bezahlten Nebenämter ist gross, wie die Rangliste zeigt – je nach Institution und Pensum: Dieses reicht von ein paar Sitzungen im Jahr bis zu einem Teilzeitpensum, welches sich nur schwer exakt in Prozent beziffern lässt.
Nebst den grossen und gut bezahlten Mandaten kommen Ämter bei regionalen Gesundheitsdiensten, Spitälern, Heimen oder Ärztezentren hinzu, ferner Engagements bei einschlägigen Verbänden. Diese sind etwas weniger gut bezahlt oder zum Teil ehrenamtlich. Und auch die Pharmabranche oder die Leistungserbringer haben gute Drähte ins Zentrum der Macht. Hier sind die Einkünfte aber weniger transparent ausgewiesen. 

Interessen der Groupe Mutuel stark vertreten

Zu nennen ist bei den Leistungserbringern etwa Joachim Eder (FDP), der im Beirat der Ärzteverbindung FMH sitzt und als Stiftungsrat bei der Stiftung Sanitas Krankenversicherung amtet. Allerdings tritt er bei den kommenden Wahlen am Sonntag nicht mehr an. Andere National- und Ständeräte wiederum sind direkt mit dem grossen Versicherer Groupe Mutuel verbandelt: etwa Thomas de Courten und Sebastian Frehner (beide SVP), Bruno Pezzatti (FDP), Raymond Clottu (parteilos), Olivier Français (FDP), Martin Landolt (BDP) oder Leo Müller (CVP).
Andere wiederum lobbyieren für die private Spitalgruppe Swiss Medical Network (SMN): Philippe Bauer (FDP) und Christine Bulliard-Marbach (CVP). Weitere Parlamentarier sitzen in Verwaltungsräten von Spitälern und Kliniken: Peter Schilliger (Luzerner Kantonsspital), Beat Walti (Rehaklinik und Privatkliniken Schweiz), Jacques Bourgeois (Hôpital Daher), Nicolo Paganini (Klinik Gais) sowie Gerhard Pfister (Klinik Adelheid).
Andrea Martina Geissbühler (SVP), Daniela Schneeberger (FDP) und Silvia Semadeni (SP) mischen darüber hinaus als Gesundheitslobbyisten beim Unfallversicherer Suva mit. Und Nationalrat Martin Candinas (CVP) arbeitet als Spezialist beim Krankenversicherer Helsana.

Viele Kommissionsmitglieder haben ein Mandat

Gewisse Verknüpfungen zur Branche sind nicht zu vermeiden. Lobbyieren gehört in einer Demokratie zum Alltag. Es ist legitim, dass Volks­vertreter auch die Interessen von Unternehmen und Branchen vertreten. Doch in diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach der Unabhängigkeit – und wann die Grenze des Tolerierbaren der Bundeshauslobbyisten überschritten ist.
Kritiker bemängeln hier vor allem die vielen Mandate der National- und Ständeräte bei den Krankenversicherern. In den Gesundheits­kommissionen im Parlament haben 18 von 38 Mitgliedern direkte Mandate bei Kranken­kassen oder Krankenkassenverbänden. Viele halten solche Mandate für unvereinbar mit den Aufgaben in der Gesundheitskommission. Aber sie sind halt am besten bezahlt, wie die Rangliste zeigt.
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