Corona: Therapeuten wehren sich

Um der Coronakrise Rechnung zu tragen, müsse Alain Berset zwei Ausnahmeregelungen schaffen, verlangt ein Schreiben.

, 7. April 2020 um 15:21
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In Zeiten der Coronapademie passiert fast alles per Telefon und Internet. Auch die psychotherapeutischen Therapien erfolgen in diesen Tagen häufig aus der Distanz. Knapp 100'000 Patienten, deren behandelnde Person ein delegiert arbeitender Psychologe ist, haben deshalb ein Problem. Denn im Tarmed ist die Zeit der Telebehandlung auf 240 Minuten pro Semester und Patient beschränkt.
Nach einem Brief der Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP) erhöhte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) den Rahmen Anfang April auf 360 Minuten pro Semester (Medinside hat berichtet).  Doch die FSP ist damit nicht zufrieden. Am Dienstag wendeten sich die Therapeuten zusammen mit den Berufsverbänden ASP und SBAP an Bundesrat Alain Berset. Der Brief liegt Medinside vor.

Es drohen Engpässe

Sie bitten den Gesundheitsvorsteher darum, «die entsprechenden Schritte zu unternehmen, um diese Anliegen so bald wie möglich umzusetzen. Patientinnen, Patienten wie auch Psychotherapeutinnen und -therapeuten sind Ihnen für ein schnelles Handeln,was die schwierige Situation für psychisch Kranke deutlich entlasten würde, sehr dankbar.» 

Das sind die Forderungen im Detail:

  1. Der Bund solle «die Limitation von 240 bzw. neu 360 Minuten pro sechs Monate mindestens während der Dauer der Pandemie aufzuheben, in dem Sinne, dass Therapien auf Distanz zurückhaltend und nur wo absolut nötig eingesetzt, angewendet und vergütet werden.»  Unter der Limitierung hätten die Patientinnen und Patienten zu leiden. Diese würden zudem gegenüber von Patienten von psychiatrischen Therapeutinnen benachteiligt. Denn dort hat das BAG die Limitierung weitgehend aufgehoben. Letzteres begrüsst die FSP. Doch: «Umso weniger verstehen wir, weshalb das BAG in der delegierten Psychotherapie nur eine sehr minimale Anpassung vornimmt, die nicht mehr als ein Tropfen auf den heissen Stein ist.»
  2. Die Therapeutinnen und Therapeuten wollen sogar noch einen Schritt weitergehen: «Um drohende Engpässe in der psychotherapeutischen Versorgung zu vermeiden, ist es zudem nötig, das Anordnungsmodell mit einer breiten Anordnungskompetenz (inkl. Hausärzte) für die psychologische Psychotherapie vorübergehend per sofort in Kraft zu setzen. Dadurch kann das Angebot an Psychotherapieplätzen, die von der Grundversicherung finanziert werden, vergrössert werden, was in dieser Zeit, in der die Menschen zunehmend unter Druck geraten, nicht nur ein sehr wichtiges Signal wäre, sondern auch tatsächlich dringend angezeigt ist.»
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