Bund kontrolliert künftig Rabatte und Geschenke für Ärzte

Ab nächstem Jahr stehen Ärzte und Apotheken unter verschärfter Kontrolle. Sie dürfen sich von den Pharmafirmen nicht mit Geschenken ködern lassen und sie dürfen Rabatte nicht für sich behalten.

, 10. April 2019 um 13:36
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Warengutscheine, Reisen, Einladungen, Geschenke oder Gratismuster: Mit solchen Vorteilen versuchen manche Pharmafirmen, die Apotheken und Ärzte darin zu beeinflussen, welches Medikament sie verschreiben. Das ist verboten. Weil diese Vorgabe des Heilmittelgesetzes (HMG) aber oft unterlaufen wurde, verschärft der Bundesrat ab nächstem Jahr die Regelung und die Kontrolle.

Maximal 300 Franken teure Geschenke

Erlaubt sind künftig noch Geschenke im Maximalwert von 300 Franken pro Jahr. Und nur sofern sie für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang sind. Dazu gehören zum Beispiel Informationsbildschirme im Wartezimmer oder Unterstützungsbeiträge für die Forschung, die Weiter- und die Fortbildung.
Schärfer kontrolliert werden Ärzte und Apotheker künftig auch bei Rabatten. Manche Pharmafirmen gewähren bis zu 50 Prozent Ermässigung auf ihre Medikamente, damit ihre Kunden nicht die Produkte der Konkurrenz verkaufen. Diese Rabatte sind nicht verboten, solange sie die Wahl der Behandlung nicht beeinflussen. Sie müssen aber an die Patienten oder die Krankenkassen weitergegeben werden. So stand es bereits bisher im Gesetz.

Keine Beweise für Rabatte

Doch offenbar gibt es Ärzte und Apotheker, die ihren Kunden trotzdem den vollen Preis verrechnen. Schon vor sieben Jahren klagte etwa die Krankenversicherung Helsana, dass es zwar hinlänglich bekannt sei, dass die Lieferanten Rabatte und Boni gewährten. Doch beweisen könne man es nicht. «Die Weitergabepflicht wurde bisher kaum durchgesetzt», kam auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zum Schluss.
Das Nachsehen bei solchen Rabatten und Geschenken haben nicht nur die Versicherungen, sondern auch die Patienten: Ihnen wird unter Umständen nicht das beste oder das billigste Medikament verordnet oder verkauft, sondern jenes, das dem Arzt oder Apotheker am meisten Rabatt einbringt.

Alle Rabatte müssen offengelegt werden

Ab nächstem Jahr müssen Ärzte und Apotheker alle Preisrabatte und Rückvergütungen, welche ihnen die Pharmafirmen gewähren, ausweisen und dem BAG auf Verlangen offenlegen. Diese Pflicht gilt sowohl beim Verkauf als auch beim Einkauf von Heilmitteln. Ausgenommen sind Medikamente mit niedrigem Risikopotenzial, wie sie auch im Detailhandel erhältlich sind, und gewisse Medizinprodukte wie Pflaster, Fiebermesser oder Gehhilfen.
Gegenwärtig kontrolliert das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic, ob die Ärzte und Apotheken keine unerlaubten Geschenke entgegennehmen. Die Krankenversicherer sind dafür verantwortlich, dass allfällige Rabatte weitergegeben werden.

Stärkere Durchschlagskraft des Gesetzes angestrebt

Beide Stellen waren nur bedingt erfolgreich mit ihren Bemühungen. Ab nächstem Jahr wollen die Behörden nun «die Durchschlagskraft stärken» und die Kontrolle beim BAG bündeln. Das Bundesamt hat künftig die Aufgabe, das neue Recht mit Verwaltungsmassnahmen und Verwaltungsstrafverfahren durchzusetzen.
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