Balgrist: Konkurrenzverbots-Klausel in Ärzte-Verträgen

Ablösesummen für Kaderärzte? Offenbar will sich die Zürcher Universitätsklinik mit eigenwilligen Methoden gegen die Abwerbung guter Leute schützen.

, 22. Oktober 2015 um 10:09
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Es ist gewiss ein interessanter Aspekt im Betrieb der Zürcher Universitätsklinik Balgrist: Offenbar haben mehrere Kaderärzte ein Konkurrenzverbot im Vertrag. Die «Weltwoche» setzt sich in ihrer neusten Ausgabe kritisch mit diesem Punkt auseinander – wobei die Sache von der Klinik gar nicht dementiert wird.
Betroffen sei «ein halbes Dutzend» Ärzte, und zwar «sehr weit fortgeschrittene Kaderärzte», schreibt Serge Altmann gegenüber der Wochenpublikation (Paywall). Der Spitaldirektor erklärt weiter: «Gewisse Institutionen werben diese hervorragend ausgebildeten und qualifizierten Mitarbeiter leider häufig mit sehr lukrativen Angeboten ab, nachdem diesen die gesamte Weiter- und Fortbildung bis hin zu akademischen Titeln vom Mutterhaus vermittelt worden ist.»

Konkurrenzverbot gleich Auszeit

Beschrieben wir der Fall eines Facharztes, der eine neue Stelle in einer Privatklinik womöglich nicht antreten kann, weil er laut Vertrag während eines Jahres nach Ende des Arbeitsverhältnisses «jegliche Konkurrenzierung der Arbeitgeberin» zu unterlassen hat. Das Verbot erstreckt sich auf die Stadt Zürich, es droht eine Konventionalstrafe von 100'000 Franken. 
Das Problem hier ist offenbar, dass Zürich in diesem Fall die Schweiz bedeutet: Im beschriebenen Bereich gebe es kaum Arbeitsmöglichkeiten ausserhalb. «Dieses Konkurrenzverbot bedeutet für mich de facto ein Arbeitsverbot für ein Jahr», so der – anonyme – Facharzt in der «Weltwoche».

«…analog einer Transfersumme»

Der Artikel zitiert denn auch vier Juristen, die solch eine Klausel in Zweifel ziehen. Voraussetzung für solche Konkurrenzverbote sei der Einblick in Geschäfts- und Kundengeheimnisse oder in den Kundenkreis. Was bei Ärzten nur begrenzt der Fall sei.
Interessant ist aber vor allem eine Idee hinter dem Balgrist-Paragraphen: Mit der Konventionalstrafe beabsichtige man, «einen Teil unserer Investitionen zurückzuerhalten», schreibt Klinikdirektor Altmann weiter, «analog einer Transfersumme».
Zum einen wird hier eine durchaus akute Problematik ins Visier genommen – man denke etwa an die zahlreichen Abgänge von den Berner Stadt- und Ausbildungsspitälern zu Privatorganisationen wie der Lindenhofgruppe. Auf der anderen Seite wirkt die Lösung allerdings sonderbar: Denn indirekt taucht hier der Gedanke auf, dass der neue Arbeitgeber jeweils die Konventionalstrafe übernimmt.
Womit der Jobwechsel für hochrangige Spitalärzte am Ende nach einem ähnlichen Muster verlaufen würde wie bei Fussballspielern: Über die Hintertür würden Ablösesummen eingeführt.
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