Einen typischen Samstagabend bildete die «Tagesschau» des Westschweizer Fernsehens gestern ab: Am Lausanner Unispital begleitete ein Kamerateam das Pflegepersonal – und die mit-arbeitenden Security-Leute. Dabei wurde klar: Die Tätlichkeiten gegen das Spitalpersonal stiegen auch in Lausanne deutlich an. Konkret: Von 143 gemeldeten Fällen kletterte die Zahl auf 595 Fälle im letzten Jahr – also auf mehr als einen Angriff pro Tag.
Ein Pfleger erklärte dies unter anderem mit einer allgemeinen Ungeduld und Hektik, mit einem gesellschaftlichen Klima, in dem man alles sofort bekommen muss – und dies ansonsten den anderen zu spüren gibt.
Wie andere Spitäler auch, so hat das CHUV inzwischen eigene Kurse für das Pflegepersonal eingeführt, in denen einerseits Selbstverteidigung geübt wird, andererseits aber insbesondere Deeskalation, beispielsweise mittels Rollenspielen.
Im letzten Herbst waren die
Genfer Unikliniken HUG bereits mit einer Alarm-Meldung an die Öffentlichkeit gelangt. Spitaldirektor Betrand Levrat präsentierte ein Massnahmenpaket, mit dem die Aggression von Patienten und Angehörigen gegenüber den Angestellten gedämpft werden soll.
Durchschnittsalter: 33 Jahre
Auch die Unispitäler von Basel und Zürich haben inzwischen einen fixen Sicherheitsdienst für die Notfallstationen, andere Häuser haben dort zumindest einen Knopf zur raschen Alarmierung von Sicherheitskräften. Und in vielen Spitälern sind inzwischen Richtlinien oder für den Umgang mit Gewalt gängig geworden (hier das
Beispiel USZ).
Am Notfallzentrum des Berner Inselspitals analysierte eine kleine Untersuchung zu Jahresbeginn 63 Fälle von Gewalt gegen Mitarbeitende. Die Hälfte der Übergriffe beinhalteten physische Gewalt. Jeder zweite gewalttätige Patient stand unter Alkoholeinfluss. Ferner waren die Täter im Durchschnitt 33 Jahre alt, 57 Prozent waren Schweizer.
Reizgas, Schlagen, Würgen
«Wir haben es mit Angriffen mit Reizgas zu tun oder mit Schlägen und Würgattacken», sagte Aris Exadaktylos, der Chef des Insel-Notfallzentrums, in der TV-Sendung «10 vor 10». «Vor allem für junges und weibliches Personal sind solche Angriffe oft traumatisierend.»
Wie in Lausanne und Genf, so wird auch in Bern grundsätzlich ein Anstieg der Attacken aufs Inselspital-Personal registriert. Im Letzten Jahr, 2016, wurden 20 Aggressions-Meldungen und 642 Securitas-Einsätze verbucht. Im Jahr davor, 2015, waren nur 372 Securitas-Einsätze benötigt worden.