Arzt : App = 1 : 0

Mensch schlägt Maschine: Diagnosen von Ärzten sind viel zuverlässiger als diejenigen von Dr. Google, wie ein Vergleich von Harvard-Wissenschaftlern zeigt. Aber die Apps holen auf.

, 18. Oktober 2016 um 06:41
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Gerötete Haut, Kloss im Hals: Der Patient konsultiert bei Beschwerden häufig Dr. Google, bevor er seinen Arzt aufsucht. Einfach eine Reihe von Fragen beantworten, und schon liefert der Symptom-Checker eine Liste mit möglichen Diagnosen. Wie zuverlässig diese digitalen Diagnosefinder im Vergleich zu den ärztlichen Diagnosen sind, darüber gibt es bis anhin wenige fundierte Befunde. 
Wissenschaftler des zur Harvard Medical School gehörenden Bringham & Women's Hospital unterzogen nun die digitalen Diagnose-Tools einem Praxistest. Konkret verglichen sie die Diagnoseleistung von 234 Ärzten, hauptsächlich Internisten, mit 23 auf Algorithmen basierenden Internetportalen und Apps.  
Der Vergleich fiel klar zugunsten der Ärzte aus. Gesundheits- und medizinische Apps, so das Fazit, können eine Hilfe sein in der Diagnosestellung, aber besser als die Mediziner sind sie nicht. Die Studie wurde im renommierten Fachjournal «Jama Internal Medicine» publiziert. 
Hannah L. Semigran, David M. Levine, Shantanu Nundy et al.: «Comparison of Physician and Computer Diagnostic Accuracy» - in: «Jama Internal Medicine», 10. Oktober 2016
Untersucht wurde eine Auswahl von 45 klinischen Fällen mit hypothetischen Patienten, welche von der Plattform Human Diagnosis Project generiert worden waren. Sie enthielten die Patientengeschichte, aber keine Testresultate oder Untersuchungsbefunde. Die Beschwerdebilder wurden nach Dringlichkeit ausgesucht. 
Die Ärzte schlugen die Algorithmen deutlich: In 72 Prozent aller Suchkomplexe gaben die Ärzte die richtige Diagnose auf Anhieb an, den Onlinediensten gelang das nur in 34 Prozent der Fälle. In 84 Prozent der Beispiele fand sich die treffende Erklärung unter den Top 3 gegenüber 51 Prozent bei den Apps. 
Ärzte aus Fleisch und Blut sind besonders zuverlässig, wenn es sich um schwere Krankheiten handelt. In weniger gravierenden Fällen stellten die Ärzte in 65 Prozent eine korrekte Diagnose, Dr. Google nur in 41 Prozent. In gravierenden Fällen betrug das Verhältnis 79 Prozent zu 24 Prozent. 

Kombination Mensch und Maschine

Die Studienautoren halten fest, dass andere Tools als die untersuchten möglicherweise bessere Resultate geliefert hätten. Zielführender als Mensch und Maschine gegeneinander auszuspielen sei es jedoch, die beiden zu kombinieren, um die Diagnosestellung insgesamt zu verbessern. Eine Idee hinter der Studie war es denn auch zu erfahren, ob die digitalen Tools dazu beitragen können, ärztliche Diagnosefehler zu verringern.
Immerhin konnten die Symptomchecker die Trefferquote gegenüber einer vergleichbaren früheren Studie erhöhen, welche im Juli 2015 im British Medical Journal (BMJ) publiziert worden ist. 
Siehe auch: «Dr. Google will künftig besser diagnostizieren» - Medinside, 29. Juni 2016
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