«Wir befürchten, dass das Pflegepersonal den aktuellen Zustand nicht über weitere Wochen oder Monate durchhalten kann» - dies steht in einem Brief, der am Donnerstag an den Bundesrat und die Kantonsregierungen verschickt wurde. Absenderin: die Ethikkommission des Schweizer Berufsverbands der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner SBK.
Im Schreiben, das «Medinside» vorliegt, steht weiter, dass «die hohen Fallzahlen und die weite Verbreitung von SARS-CoV-2 die Pflegenden im ganzen Land und in allen Institutionen vor nie dagewesene Herausforderungen stellt». Die Situation verschlechtert sich aktuell «drastisch». Tatsächlich meldete am Donnerstag etwa das Kantonsspital Aarau, dass aktuell
wöchentlich bis zu 250 Mitarbeitende fehlten.
Die Ethikkommission des SBK erklärt die aktuelle Situation wie folgt:
- Die Fallzahlen stagnieren auf hohem Niveau und steigen mancherorts wieder an.
- Die Pflegenden erkranken selber oder sind in Quarantäne.
- Diese Ausfälle hätten zur Folge, «dass Kolleginnen und Kollegen Zusatzeinsätze leisten müssen, dies auf Kosten ihrer Frei- und Ruhezeit. Die zusätzlichen Arbeitsschichten sind nötig, aber physisch und psychisch äusserst belastend.»
- Berichte aus der Pflegepraxis zeigten, dass Erschöpfungssymptome zunehmen. Die Konzentration bei der Arbeit nehme gleichzeitig ab.
- Die Lösung der Situation könne und dürfe nicht darin bestehen, dass Erkrankte arbeiten müssen oder die Quarantänedauer gesenkt wird
«Einschneidende Massnahmen» gefordert
Der Pflegeverband fordert «einschneidende zusätzliche Massnahmen seitens Bund und Kantonen zur massiven Reduktion der Fallzahlen». Andernfalls werde die zu hohe Belastung im Gesundheitswesen wohl noch bis Ende des Winters anzudauern. Dann drohe eine Überforderung und Überlastung. «Die Folge ist, dass die Menschen in der Schweiz nicht mehr die pflegerische Versorgung erhalten, die sie bräuchten.»
Auch für die Pflegenden sei die Situation «nicht tragbar». Viele seien schon jetzt «am Ende ihrer Kräfte angelangt».
Finanzielle Garantien für Spitäler
Im Schreiben fordert der SBK unter anderem auch, dass die Spitäler die Sicherheit erhalten müssten, «dass Vorhalteleistungen und Absagen oder Verschiebungen von Operationen kein ökonomisches Risiko darstellen».