Seit Wochen leere Betten, leere Wartezimmer und zum Teil Kurzarbeit für das Personal. So lässt sich die Situation in Schweizer Spitälern und Praxen derzeit grob beschreiben. Um den Ansturm von Covid-19-Patienten besser zu bewältigen, mussten Spitäler und Praxen in den «Corona-Krisen-Modus» umschalten: Nicht dringliche und aufschiebbare Behandlungen und Therapien sind seit dem 17. März untersagt. Auf Geheiss des Bundesrates.
Das lange Warten kostet viel Geld: keine Patienten, keine Einnahmen. Eine Gruppe von Ärzten fordert nun, die Massnahmen rasch zu lockern. In einem Brief an den Bundesrat verlangen die Mediziner, den flächendeckenden Lockdown der Spitäler aufzuheben: Alles, was keiner Narkotika, Sedativa oder starker Analgetika bedarf, soll wieder zu operieren erlaubt sein. Und auch alle Untersuchungen und Behandlungen in Praxen, welche ambulant und ohne Narkotika möglich sind, sollten den Ärzten nicht mehr verwehrt bleiben.
«Peak gilt als überschritten»
Das Argument der Ärzte: Analysiere man die Fakten zur Covid-19-Pandemie und deren Verlauf in unserem Land wissenschaftlich, komme man zum Schluss, dass es gelungen sei, «die Kurve» soweit zu glätten, dass eine Überlastung unseres Gesundheitssystem nicht stattfinden werde.
«Von einer solchen sind wir sogar deutlich entfernt und somit in Bezug auf die wünschenswerte 'Herdenimmunisierung' bereits auf der kontraproduktiven Seite», steht im Brief zu lesen. Weiter dürfe der Peak der täglichen Neuerkrankungen als inzwischen in der ganzen Schweiz überschritten gelten.
Lockerung ab 20. April gefordert
Die unterzeichnenden Mediziner sehen sich – selbst als Nicht-Epidemiologen – in «besonderem Mass» berechtigt, an der aktuellen Diskussion zum Exit aus den Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus teilzunehmen. Die Lockerung soll bereits per Montag, 20. April stattfinden, wie die Ärzte fordern.
Unterzeichnet wurde der Brief von mehr als 110 Ärztinnen und Ärzte aller medizinischen Fachrichtungen, weitere sollen laufend hinzukommen. Einige haben mit Namen unterzeichnet, zum Beispiel Jürg Lareida, der Präsident des Aargauischen Ärzteverbandes. Andere wollten aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes anonym bleiben. Die Mediziner stammen fast ausschliesslich aus dem Umfeld von Privatkliniken oder führen eigene Praxen.
Das teure Warten soll bald ein Ende haben
Bereits letzte Woche haben sich der Spitalverband H+ und die Gesundheitsdirektoren im Hintergrund für eine Lockerung für Wahleingriffe eingesetzt. Der Bundesrat strebt eine schnelle Rückkehr zur Normalität für Spitäler an, wie Daniel Koch vom BAG vergangene Woche vor den Medien sagte. Man sei sich bewusst, dass in den Spitälern die Behandlungen, die nicht im Zusammenhang mit dem Coronavirus stünden, extrem zurückgegangen seien.
Am Donnerstag will der Bundesrat nun über die schrittweise Lockerungen der Corona-Massnahmen diskutieren und die Öffentlichkeit darüber informieren. Offenbar sollen am 27. April ambulante Behandlungen wieder zulässig sein, wie Recherchen vom «Blick» ergeben haben. Ab Mitte Mai werden dann laut der Zeitung auch stationäre Wahleingriffe folgen.