Ab nächstem Jahr müssen sich voraussichtlich alle ambulant tätigen Ärzte einer Stelle anschliessen, welche das elektronische Patientendossiers (EPD) herausgibt. Die meisten Ärzte zögern. Sie scheuen den Aufwand und die Kosten.
Verband zahlt Mitgliedern den EPD-Beitrag
Nun hat der Aargauische Ärzteverband (AAV) reagiert: Er ist der Stammgemeinschaft E-health Aargau beigetreten. So sollen die 1800 Mitglieder Erfahrungen mit dem EPD sammeln können, sagt AAV-Geschäftsführerin Nadia Haller zu Medinside.
Der Verband zahlt allen Mitgliedern, die dem EPD beitreten wollen, den Jahresbeitrag. Wie viel sich das der Aargauische Ärzteverband kosten lässt, will er nicht sagen. «Es geht vor allem darum dem EPD Schub zu verleihen», erklärt Nadia Haller.
Vielleicht sogar nützlich?
Das ist auch das Ziel von Nicolai Lütschg, dem Geschäftsführer der Stammgemeinschaft E-health Aargau: «Vielleicht können wir den Ärzten nun zeigen, dass das EPD nicht so schlimm oder sogar nützlich sein kann».
Die Zahl der Aargauer Ärzte, die bereits der Stammgemeinschaft beigetreten sind, bewege sich derzeit im «tiefen zweistelligen Bereich», sagt Nicolai Lütschg. Wie viele Patienten im Aargau bereits ein elektronisches Dossier eröffnet haben, sagt die Stammgemeinschaft nicht.
Bis zu 2000 Dokumente im Dossier
Damit der Aufwand für die Ärzte möglichst gering ist, hat die Stammgemeinschaft den Beitritt und den Betrieb des EPD vereinfacht. Simpel und gratis wird die Führung der EPD für die Aargauer Ärzte trotzdem nicht werden: Sie müssen die Computer-Software ihrer Praxis anpassen. Ausserdem wird das Führen der neuen elektronischen Dossiers zusätzliche Arbeit bringen.
Der Hausarzt Beat Gafner aus Niederscherli kritisierte in einem
Interview mit Medinside den Mehraufwand fürs EPD: «In Genf, wo das EPD 2013 eingeführt wurde, hat es pro Patientendossier 140 bis 150 Dokumente. Im Durchschnitt. Bei gewissen Patienten wurden bis zu 2000 Dokumente gezählt. Wann soll ich die lesen und erfassen? Zwischen Spätausgabe Tagesschau bis Sendeschluss?»
FMH will sich EPD-Arbeit zahlen lassen
Die Ärzteverbindung FMH fordert deshalb für EPD-Leistungen spezielle Abrechnungspositionen. Die FMH ist überzeugt, dass den Ärzten vor allem am Anfang viele Kosten entstehen, sie aber wenig Nutzen haben.
Richtig zufrieden mit dem EPD in seiner jetzigen Form ist niemand. Nadia Haller sagt, dass der Aargauer Ärzteverband mit seinem Beitritt leider kaum Einfluss auf Verbesserungen des EPD habe. Denn: «Das Problem bei der aktuellen Lösung ist das Grundkonzept.»
EPD braucht Überarbeitung
Auch Nicolai Lütschg räumt ein: «Wir können den Ärzten möglichst viel Arbeit abnehmen. Aber an den grundlegenden Vorgaben zum EPD können wir nichts ändern.»
Das EPD ist in der Schweiz zur Zangengeburt geworden. Nach etlichen Verzögerungen hat der Bund die bisherigen Bemühungen überprüfen lassen und kommt zum Schluss: «In seiner aktuellen Form kann das EPD das Potenzial der Digitalisierung nicht vollständig ausschöpfen.»
Bundesrat ist auch unzufrieden
Der Bundesrat will deshalb das Gesetz zum EPD «grundlegend überprüfen.» Und: «Im Rahmen dieser Prüfung soll eine allfällige Zentralisierung des EPD evaluiert werden.» Medinside hat
hier über die schlechten Noten fürs EPD berichtet.