Pflegepersonal verteidigt Spital Samedan: «Unser Alltag sieht anders aus»

Nachdem das Spital Oberengadin wegen Arbeitszeit-Verstössen an den Pranger kam, melden sich nun Pflegekräfte und fragen: Geht es um Arbeitszeiten? Oder geht es um Politik?

, 10. März 2025 um 04:00
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Aussicht von der Dialysestation des Spitals Semadan  |  zvg
Das Spital in Samedan geriet in den letzten Wochen in unrühmliche Schlagzeilen. Recherchen des «Beobachters» und der «Engadiner Post» brachten ans Licht, dass das Spital Oberengadin regelmässig gegen das Arbeitsgesetz verstiess. Laut Erhebungen des Bündner Arbeitsinspektorats wurde 2023 und 2022 jeweils weit über tausendmal dagegen verstossen. Der «Beobachter» schilderte einen Fall, bei dem eine Assistenzärztin 32 Stunden lang fast durcharbeitete. Sowohl vom Pflegeverband SBK wie von diversen politischen Seiten setzte es heftige Kritik an der Spitalleitung.
In dieser Lage melden sich nun Beschäftigte des Spitals zu Wort: In einem Brief, der in der «Engadiner Post» veröffentlicht wurde, äussern fünf Pflegefachleute ihre Besorgnis. Die Berichterstattung der letzten Wochen sei «sehr einseitig» gewesen, so ihr Befund.
Vor allem stellt der offene Brief einen Bezug zur politischen Lage her: Anfang April stimmt die Bevölkerung des Oberengadin darüber ab, ob das Spital mit dem Kantonsspital Graubünden und der Klinik Gut fusionieren soll. Die Berichte der letzten Wochen, so nun der Verdacht, sei «so gerichtet, dass ein Verkauf an das Kantonsspital in Chur schon eine entschiedene Sache ist. Für den Verwaltungs- und Stiftungsrat scheint dies der einzig richtige Weg zu sein. Dem Stimmvolk ist es nicht möglich, sich ein objektives Bild über die Entscheidung und die längerfristigen Folgen bei einer Übernahme zu machen.»

Übernahme als Tatsache

Daher nun die Frage: «Werden alte Geschichten bewusst jetzt wieder aufgewärmt, um der Bevölkerung klarzumachen, nur der Weg nach Chur sei der richtige? Möchte man uns damit schaden und den bereits verursachten Scherbenhaufen noch vergrössern?»
Das öffentliche Bild entspreche jedenfalls weder den Rückmeldungen, «die wir von unseren Patienten bekommen, noch dem, was wir als Mitarbeitende im Alltag erleben.» Die Chefetage des Spitals verhalte sich «gegenüber uns Mitarbeitenden […], als sei alles längst entschieden. Uns werden die Folgen dieser Übernahme als Tatsache bereits kommuniziert.» Dies habe bereits Kündigungen zur Folge gehabt.
Die Pflegefachleute, die sich nun melden, geben sich überzeugt, dass eine Zusammenarbeit mit dem Kantonsspital Chur «auch ohne eine Übernahme unseres Spitals und die dadurch entstehende Fremdbestimmung und Abhängigkeit ausgebaut werden kann. In den sozialen Medien dankt der Stiftungsrat im Namen der SGO dem Gemeinderat von St. Moritz für seine Zustimmung zur Übernahme unseres Spitals? Wir danken jedoch nicht dafür.»
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