Seit der Corona-Pandemie nimmt die Zufriedenheit des Pflegepersonals in Schweizer Spitälern stetig zu. Auch diesmal stieg der Wert leicht, er kletterte von 73 Prozent im Jahr 2023 auf 74,2 Prozent im letzten Jahr – womit er sich wieder auf dem Niveau während der ersten Covid-19-Welle befand. Damals lag die Zufriedenheit bei 74,3 Prozent.
Das ist eines der Resultate des neuen
Spitalpflegereports; die Studie basiert auf der Befragung von rund 3'600 Pflegefachpersonen aus 28 Schweizer Spitälern.
Doch weshalb äussern sich die Befragten mehrheitlich zufrieden mit der Arbeit? Welche positiven Faktoren werden vor allem genannt? Am häufigsten gelobt wird:
- ein umfangreiches Weiterbildungsangebot,
- eine kooperative Teamkultur,
- Entscheidungsfreiräume,
- und ein hoher Innovationsfokus.
Lohnzufriedenheit leicht gestiegen
Auch die Zufriedenheit mit der Entlöhnung verbesserte sich im Vergleich zu 2023 leicht, liegt jedoch immer noch 7,3 Prozent unter dem Niveau vor der Pandemie.
Quelle: Pflegereport 2024
Mehr Personal will Beruf treu bleiben
Gestiegen ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass man in zwei oder in fünf Jahren noch im Beruf arbeitet. Der liegt aber immer noch rund 4 Prozent tiefer als vor der Pandemie.
Wichtig: Resilienz stärken
Die Pflegefachpersonen empfinden ihr Arbeitsumfeld grundsätzlich als gut geeignet, um sich an unvorhersehbare Ereignisse anzupassen und diese schnell und effektiv unter Kontrolle zu bringen.
Das Pflegepersonal bezeichnet denn auch die emotionale Erschöpfung und den Zeitdruck als tiefer als im vorangegangenen Jahr. Doch die Arbeitsbelastung steigt: Zwei Drittel der Befragten gaben an, dass sie im Vergleich zum Jahr 2023 grösser geworden sei. Zu einer gestiegenen Arbeitsbelastung trugen vor allem Personalwechsel und Umstrukturierungen von Abteilungen bei – etwa die Zusammenlegung oder eine Reduktion der Bettenzahl.
Weniger bereit für zusätzliche Einsätze
Ausserdem geht die Einsatzbereitschaft – zum Beispiel Freitage zu verschieben oder bei Personalmangel einzuspringen – seit der vierten und fünften Covid-19-Welle zurück (minus 6,7 Prozent). Studien-Coautor Markus Arnold empfiehlt, die Resilienz des Pflegepersonals mit einem stabilen und unterstützenden Arbeitsumfeld zu stärken. «Ist die Resilienz gestärkt, steigt sowohl die Arbeitszufriedenheit um rund 7 Prozent als auch die langfristige Verbleibsabsicht um etwa 12,5 Prozent», so der Berner Forscher.
«Beunruhigende Entwicklung»
Etwa ein Drittel des Pflegepersonals gab an, den eigenen Ansprüchen an eine gute Pflege mehrheitlich nicht gerecht werden zu können. Ähnliches gilt für das Erfüllen der individuellen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten.
Das beunruhigt die Autoren des Reports: «Das Gefühl, den Ansprüchen – sind es nun die eigenen oder die der Patientinnen und Patienten – nicht gerecht zu werden, führt langfristig zu Unzufriedenheit oder zu Desensibilisierung, was wiederum zum Verlassen des Berufs führen kann», erklärt Co-Autorein Lynn Selhofer. Das zeige sich in den Daten: Wer angibt, den Ansprüchen gerecht zu werden, ist im Schnitt 15 Prozent zufriedener. Und in dieser Gruppe ist es auch 10 Prozent wahrscheinlicher, dass man in fünf Jahren noch im selben Beruf arbeitet.
Digitalisierung: Nur mässig nützlich
Knapp 95 Prozent der befragten Pflegefachpersonen gaben an, dass es an ihrem Arbeitsort ein digitales Pflegedokumentationssystem gebe – das entspricht einer Zunahme von 5 Prozent gegenüber 2023. Doch dessen Nützlichkeit wird als nur durchschnittlich eingestuft.
Besonders bei kleinen und mittelgrossen Spitälern wird die Ausschöpfung des digitalen Potenzials in der Abteilung sogar noch niedriger eingeschätzt als im Vorjahr.
In grossen und mittelgrossen Spitälern fühlten sich zwei Drittel der Pflegefachpersonen kompetent im Umgang mit digitalen Systemen. In kleinen Spitälern sind es nur 47 Prozent. «Die Spitäler haben nach wie vor Aufholbedarf, wenn es um die Digitalisierung geht. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, die Kompetenzen des Pflegepersonals zu stärken», fasst Arthur Posch zusammen.
Der Spitalpflegereport
Im Sommer und Herbst 2024 befragten Markus Arnold, Arthur Posch und Lynn Selhofer vom Institut für Unternehmensrechnung und Controlling (IUC) der Universität Bern rund 3600 Pflegefachpersonen aus 28 Schweizer Spitälern. 2024 standen Resilienz, die Bedeutung persönlicher Ansprüche und der Stand der Digitalisierung im Mittelpunkt.
Der
Spitalpflegereport Schweiz ist ein Forschungsprogramm, bei dem Markus Arnold und Arthur Posch in enger Kooperation mit Schweizer Spitälern seit 2019 regelmässig die Arbeitssituation von Pflegefachpersonen untersuchen. Der Spitalpflegereport Schweiz ist Teil des mehrjährigen Forschungsprojektes «An Integrated Perspective on the Role of Nursing in Knowledge Translation». Das Projekt wird vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) gefördert. Seit September 2021 ist Lynn Selhofer beim Spitalpflegereport dabei.