Notfallknöpfe und ständig einsatzbereite Sicherheitsdienste

Die Schweizer Spitäler rüsten bei ihren Sicherheitsdiensten auf - setzen aber auch auf deeskalierende Strategien.

, 20. Februar 2025 um 07:21
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Der Sicherheitsdienst des Kantonsspitals Aarau. | Rundschau
Drei Schweizer Spitäler zeigen der Sendung «Rundschau», wie sie der zunehmenden Gewalt von Patienten begegnen: Das Kantonsspital Aarau (KSA), das Kantonsspital Baselland (KSBL) und das Universitätsspital Lausanne (CHUV).
Sie bestätîgen, was Medinside in einer Umfrage vor zwei Jahren zeigte: Verbale und körperliche Gewalt in Spitälern nimmt zu. Das Aggressions-Potential und die Gewaltintensität steigen. «Waren es früher mehrheitlich alkoholisierte Patienten, die zurechtgewiesen werden mussten, sind es heute viele nicht intoxikierte Patienten, die ausfällig werden», sagte damals Isabelle Wenzinger vom Kantonsspital Aarau.
Das KSA hat einen 24-Stunden-Sicherheitsdienst mit elf Angestellten, bei dem ständig zwei Personen einsatzbereit sind. Im vergangenen Jahr mussten sie durchschnittlich zwei Einsätze pro Tag leisten.

Konfliktzone Kurzzeitparkplatz

Die erste Konfliktzone sei der Kurzzeitparkplatz vor dem Kindernotfall, schildert Andreas Michel, der Leiter des Sicherheitsdienstes. Wer neben den markierten Zonen parkiert, blockiert die Ambulanz-Zufahrt. Einmal habe ihm ein Vater gesagt, ihm sei egal, wenn ein anderes Kind sterbe. Sein Kind habe jetzt einen Notfall; er bleibe deshalb auf dem Ambulanz-Parkplatz stehen.
Meistens reiche ein freundliches, aber bestimmtes Auftreten, Trotzdem sind im KSA überall Notfallknöpfe installiert. Damit kann das Personal den Sicherheitsleute innert Sekunden aufbieten.
Für Patrick Haberstich, einen Leitenden Arzt im Kindernotfall, ist es bereits eine Überschreitung, wenn Patienten laut werden, das Personal anschreien und anfahren. Er hat aber auch schon gröbere Sachen erlebt: Ein Patient fotografierte die Namen auf den aufgehängten Mitarbeiter-Bildern und drohte, dass diese noch von ihm hören würden.
Chefärztin Sonja Guglielmetti findet solche Vorkommnisse schlimm: Das Personal wolle helfen, werde aber angeschrieen. Das brauche ein sehr dickes Fell. Hilfreich sei ein gutes Team. Sie zeigte, wie sich die Mitarbeitenden wieder gegenseitig motivieren: In einer Box haben sie Karten mit kleinen Aufmunterungen gesammelt, etwa mit dem Spruch: «Ich funktioniere nur unter Druck. Drück mich.»

Kein ständiger Sicherheitsdienst

Das Kantonsspital Baselland hat auch einen Sicherheitsdienst, aber nicht rund um die Uhr. Der Notfallpflege-Experte Patrick Droll erlebt häufig heikle Situationen und versucht bereits in einem frühen Stadium, verbal zu deeskalieren.
Doch vor zwei Wochen ging ein Patient mit Fäusten auf ihn los. Der Patient hatte einen Pfefferspray und ein Messer bei sich. Die Notfallstation wurde evakuiert und die Polizei gerufen, weil kein Sicherheitsdienst vor Ort war.
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