Krankenkasse kritisiert starke Zunahme der Computer-Tomographien

Letztes Jahr wurde bei etwa sieben Prozent der Bevölkerung mindestens eine CT des Rumpfes durchgeführt. Die Helsana ist besorgt über diese Zahlen.

, 4. Dezember 2025 um 09:27
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Mit modernen Computer-Tomographen können – wie hier im Ärztezentrum Ostermundigen – grosse Körperregionen in kurzer Zeit begutachtet werden. | SMN
Die Helsana stellt fest, dass die Zahl der Computer-Tomographien deutlich zunimmt: Über 600'000 Personen wurden letztes Jahr mindestens einmal mittels einer CT untersucht. Das entspricht sieben Prozent der Bevölkerung. Besonders viele CT wurden bei über 80-Jährigen durchgeführt: Fast jede fünfte Person dieser Altersgruppe erhielt 2024 mindestens eine CT.
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Computer-Tomographien in der Gesamtbevölkerung und in den jeweiligen Altersklassen. Quelle: Helsana
Die Krankenkasse liefert einige Erklärungen für diese Entwicklung: So gehe der starke Anstieg zwischen 2020 und 2021 (gestrichelte Linie in der Grafik) laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) vor allem auf neue Kodier-Regeln zurück. Dadurch würden mehr Untersuchungen erfasst und die Zahlen seien mit denen der Vorjahre nur begrenzt vergleichbar. Effektiv hinzu kamen jedoch vermehrte CT-Thorax-Untersuchungen während der Covid-19-Pandemie.
Weitere Gründe für den Anstieg sind technologische Fortschritte, die Ausweitung klinischer Indikationen wie beim Lungenkrebsscreening, defensive Medizin sowie die zunehmende Zahl älterer Menschen und damit verbunden mehr chronische Krankheiten.
Ein wichtiger Faktor dürfte auch die hohe Verfügbarkeit von CT-Geräten in der Schweiz sein, die gemäss BAG pro Kopf im europäischen Vergleich am höchsten ist. Die relativ günstigen und schnellen CT-Scanner sind die meistgenutzten medizinischen Grossgeräte in Schweizer Spitälern

Finanzkontrolle intervenierte

Diese Tatsache führte im Frühjahr zu einer harschen Intervention der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK): «Unangemessene Tarife haben zu einem umfangreichen und luxuriösen Angebot geführt»: Mit diesen deutlichen Worten kritisierte die EFK den Einsatz von Computertomografen und Magnetresonanztomografen (MRT).
Verantwortlich für diese Situation seien die Ärzte, das veraltete Tarifsystem Tarmed und die Versicherer, erklärte die EFK. Sie stellte fest, dass die Versicherer nur selten Kontrollen durchführten. Sie forderte deshalb das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf, zusammen mit den Krankenkassen mehr zu beaufsichtigen.
Auch die Helsana kommt nun zum Schluss, dass «manche CT-Scans medizinisch nicht vollständig oder gar nicht gerechtfertigt sind».

FMH verteidigte Ärzte

Philippe Eggimann, Vizepräsident der Ärztevereinigung FMH, räumte damals im Interview mit «RTS» ein, dass die Zahl der Untersuchungen gestiegen sei. Er spielt aber die Auswirkungen auf die Gesamtkosten herunter. Er verweist auf den Fall Frankreichs, wo CT-Scans oft später im Behandlungsverlauf verschrieben werden, was zu komplexeren – und damit teureren – Behandlungen führen könne.

Immer mehr Computer-Tomographien bei Schwangeren

CT-Untersuchungen werden immer häufiger auch vor oder während einer Schwangerschaft durchgeführt. Da das Durchschnittsalter von Frauen bei der ersten Geburt stetig steigt, nehmen auch chronische Vorerkrankungen und damit die Wahrscheinlichkeit einer CT-Untersuchung zu.
Die Auswertungen der Helsana ergaben: Im Jahr 2024 erhielt etwa jede 40. Frau im Jahr vor der Schwangerschaft eine CT. Hochgerechnet auf die gesamte Schweiz betraf dies etwa 1800 Frauen. Während der Schwangerschaft war etwa jede 100. Frau betroffen (rund 800 Fälle). In den letzten zehn Jahren ist die Zahl damit um mehr als das Dreifache gestiegen. Ein Vergleich mit einer US-amerikanischen Studie zeigt ähnliche Dimensionen: Innerhalb von zehn Jahren stieg dort der Anteil CT-untersuchter Schwangerer von 0,4 auf 1,1 Prozent. Die Helsana kommentiert diese Zahlen folgendermassen: «Obwohl die absoluten Fallzahlen gering sind, bleibt das Thema relevant – insbesondere im Hinblick auf potenzielle Strahlenrisiken und die spezifische Empfindlichkeit dieser Patientinnen-Gruppe.»

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