Wer einen Arzttermin vereinbart, aber nicht erscheint, verursacht Leerläufe – und sorgt zunehmend für Ärger.
In Deutschland ist die Diskussion um Strafgebühren für Termin-Schwänzer erneut entbrannt. Ärztevertreter fordern eine Ausfallgebühr von zehn bis 20 Euro, die von den Krankenkassen übernommen werden soll. Hintergrund ist die steigende Zahl versäumter Termine: Laut Andreas Gassen, Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), bleiben inzwischen zehn bis 20 Prozent der gebuchten Arzttermine ungenutzt.
Auch in der Schweiz stellt das Nichterscheinen ohne Absage ein wachsendes Problem dar – offizielle Zahlen fehlen jedoch.
Eine nicht repräsentative Umfrage von Medinside auf LinkedIn mit 431 Teilnehmenden zeigt jedoch: 62 Prozent von ihnen sprechen sich für eine Strafgebühr aus, 30 Prozent plädieren für bessere Erinnerungssysteme.
Kulanz oder klare Regeln?
In der Schweiz gehen Fachpersonen unterschiedlich mit versäumten Terminen um. Martin Werner von DocGoSwiss etwa mahnt zur Zurückhaltung: «Ich wäre zunächst gegen Sanktionen. Es ist ein grosser Aufwand, diese einzufordern. Bessere Kommunikation und Online-Terminplattformen helfen mehr.»
Der Pflegefachmann Markus Messerschmidt beschreibt ein abgestuftes Vorgehen:
- Beim ersten verpassten Termin oder bei Krankheit Kulanz zeigen,
- spätestens ab dem zweiten Mal die aufgewendete Arbeitszeit (z.B. Aktenstudium) in Rechnung stellen. Zusätzlich auf Erinnerungs-SMS oder Anrufe am Vortag setzen.
Der Gastroenterologe Roger Wanner bestätigt diesen Ansatz: «Besonders ärgerlich ist es, wenn Patienten nicht zur Endoskopie kommen – da warten oft drei Fachkräfte vergeblich.» Auch er stellt bei kurzfristigen Absagen eine Pauschale in Rechnung, zeigt sich aber kulant, wenn der Grund nachvollziehbar ist.
Ein anderer Kommentator bringt es auf den Punkt: «Reservierte Zeit kostet – wer sie nicht nutzt, leistet sich einen Luxus, den er bezahlen darf.» Dabei gehe es nicht um Bestrafung, sondern um den respektvollen Umgang mit Ressourcen.
Strafgebühr als letztes Mittel
In einigen Institutionen wird bei Wiederholungstätern mittlerweile eine Strafgebühr angewendet – allerdings mit Widerwillen. Vergessliche oder demente Patienten werden hingegen kulant behandelt, oft wird versucht, sie zusätzlich telefonisch an Termine zu erinnern.
Der Tenor vieler Fachpersonen: Automatisierte Erinnerungen, kombiniert mit fairen Ausfallregelungen bei wiederholtem Nichterscheinen, könnten helfen, Terminversäumnisse zu reduzieren, ohne das Vertrauensverhältnis zu gefährden.
Fazit
Verpasste Arzttermine belasten das Gesundheitswesen – doch reine Strafgebühren greifen zu kurz. Viele Fachpersonen setzen deshalb auf eine Kombination aus Kulanz, klarer Kommunikation und gezielter Sanktionierung bei wiederholtem Fehlverhalten. Im Mittelpunkt steht der respektvolle Umgang mit der knappen Ressource «Behandlungszeit» und die Sicherstellung einer flexiblen Versorgung.
Dass sich in Deutschland eine generelle Strafgebühr durchsetzen wird, gilt als unwahrscheinlich: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), Patientenschützer und Gewerkschaften haben die Forderung bereits scharf kritisiert. Hinzu kommt: Eine Ausfallgebühr, die von der Krankenkasse übernommen wird, verfehlt letztlich ihren Zweck – denn sie würde die Verantwortung von den Patienten auf das System verlagern.