Harntreibende Medikamente aus der Klasse der Thiaziddiuretika (Thiazide) gelten seit Jahrzehnten als Mittel der Wahl zur Vorbeugung von Nierensteinrückfällen. Der wichtigste Faktor für ein erhöhtes Nierensteinrisiko ist eine übermässige Kalziumkonzentration im Urin.
Nun stellt eine vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützte Studie unter der Leitung des Inselspitals und der Universität Bern diese Therapie in Frage.
Die Forschenden unter der Leitung von Daniel Fuster konnten in der Studie mit über 400 Patientinnen und Patienten keinen signifikanten Unterschied zwischen Placebo und verschiedenen Dosen des Thiazids Hydrochlorothiazid finden. Die Ergebnisse der mit Daten aus Unispitälern und Kantonsspitälern doppelblind durchgeführten Studie wurden im
«The New England Journal of Medicine» veröffentlicht.
Eher selten, dass Studie infrage gestellt wird
«Die Ergebnisse dieser Studie bringen eine langjährige Standardtherapie ins Wanken», sagt Fuster, Leitender Arzt an der Uniklinik für Nephrologie und Hypertonie des Inselspitals. Die früheren Studien seien methodisch mangelhaft gewesen und hätten die Wirksamkeit stark überschätzt.
Er weist auch gleichzeitig auf die Notwendigkeit hin, dass solche Untersuchungen mit öffentlichen Geldern unterstützt werden: «In der Regel verfolgen Sponsoren von Studien wirtschaftliche Ziele. Dass Studien gemacht werden, die eine Standardtherapie infrage stellen, ist darum eher selten – normalerweise läuft es umgekehrt.»
Hohes Rückfallrisiko
Nierensteine sind ein weitverbreitetes Leiden. Etwa zehn Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen, Männer bedeutend häufiger als Frauen. Sie entstehen, wenn im Urin gelöste Mineralien Kristalle bilden, die über die Zeit immer grösser werden. Die Schmerzen auslösenden Steine können in jedem Alter auftreten, auch bei Kindern. Am häufigsten erkranken aber Erwachsene zwischen 30 und 60 Jahren. Wer einmal einen hatte, muss mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit damit rechnen, erneut daran zu erkranken.