Mit der Geburtenabteilung hat alles begonnen

Luzern entscheidet: Soll der Staat die medizinische Grundversorgung genau vorschreiben oder lieber Flexibilität bewahren?

, 30. April 2025 um 04:55
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In knapp zwei Wochen, am 18. Mai 2025, stimmt der Luzerner Souverän über ein neues Spitalgesetz ab. Der Kantonsrat hatte das Gesetz vor knapp einem Jahr mit 65 zu 55 Stimmen angenommen. Ein überparteiliches Komitee ergriff dagegen das Referendum.
Im Zentrum der Diskussion steht die Frage: Was gehört ins Gesetz – und was nicht?
Für die Gegner der Vorlage geht der Gesetzestext zu weit. Konkret sieht das Gesetz vor, dass an allen drei Standorten – Luzern, Sursee und Wolhusen – ein gleiches Mindestangebot garantiert wird: Innere Medizin, Allgemeine Chirurgie, Gynäkologie/Geburtshilfe, Anästhesie, eine Intensivüberwachungsstation sowie eine interdisziplinäre Notfallstation mit 24-Stunden-Bereitschaft.

Sicher ist sicher

«Ohne gesetzliche Regelung der Grund- und Notfallversorgung bestände für keinen der Spitalstandorte Luzern, Sursee, Wolhusen eine ausreichende Garantie», schreibt das Pro-Komitee.
Die von der Gesundheitskommission erarbeitete und vom Kantonsrat beschlossene Revision des Spitalgesetzes schaffe diese Sicherheit und bringe das verloren gegangene Vertrauen zurück.
Die Gegner finden, der gesetzliche Leistungskatalog greife zu stark in die medizinische Planung ein. Der Leistungskatalog gehöre nicht ins Gesetz.

Geburtshilfe Wolhusen

Emotional geladen ist etwa der Umstand, dass auch die Geburtshilfe in allen drei Häusern gesetzlich verankert werden soll. Denn mit der Geburtenabteilung in Wolhusen hat alles begonnen, deshalb wird das neue Spitalgesetz auch Lex Wolhusen genannt.
Ursprünglich war vorgesehen, die Geburtshilfe in Wolhusen zu streichen. Es hagelte Proteste. Daraufhin griff die Gesundheitskommission – und nicht die Regierung – das Anliegen auf. Der Kantonsrat verabschiedete schliesslich ein Gesetz, das die Geburtshilfe an allen drei Standorten sichern soll.

Carrel empfiehlt ein Nein

Zu den Gegnern der Vorlage gehört auch Herzchirurg Thierry Carrel, der auch Gemeinderat der Luzerner Gemeinde Vitznau ist. Er sagt auf der Website des Referendumskomitees: «Standortgebundene Leistungen bedeuten mehr Kosten für weniger Qualität. Ich empfehle ein klares Nein zum Spitalgesetz. Damit sind wir für flexible und zukunftsgerichtete Strukturen».
Auch der pensionierte Allgemeinpraktiker Paul Fischer aus Emmen warnt: «Vorgeschriebene Dienstleistungen an vorgeschriebenen Standorten können zu örtlichen Über- und Unterversorgungen führen».
Und für Linda Meier, Tarifspezialistin am Kantonsspital Uri, gibt das Spitalgesetz zu viele Vorgaben an das medizinische Angebot, ohne Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts und des Fachkräftemangels.
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