Kritik an Drehtür-Karrieren im Gesundheitswesen

Das NGO «Public Eye» rechnet vor, wie häufig Experten zwischen der Pharmaindustrie und den Aufsichtsbehörden Swissmedic und BAG wechseln.

, 27. Mai 2025 um 22:29
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Symbolbild: Derek Lee / Unsplash
Das Phänomen der «revolving doors» scheint sich im Schweizer Gesundheitssystem auszubreiten. Die entwicklungspolitische Organisation «Public Eye» hat dazu den Wechsel von Personal zwischen Pharmaunternehmen sowie den wichtigsten Institutionen für die Arzneimittel-Regulierung untersucht, namentlich bei Swissmedic und beim Bundesamt für Gesundheit (BAG).
Die Untersuchung von Public Eye konnte die Wege von 741 Personen bei Swissmedic nachzeichnen. Davon hatten 294 im Laufe ihrer Karriere auch im Pharmasektor gearbeitet. Und 173 (oder 23 Prozent, knapp ein Viertel) hatten einmal direkt die Seite gewechselt, entweder von Swissmedic zur Pharma oder umgekehrt.
Etwas lockerer sind naturgemäss die Verbindungen zwischen dem BAG und der Pharmabranche. Hier eruierte die Untersuchung die Karriere von 1591 Personen des Bundesamtes. Davon hatten 201 (oder 13 Prozent) einmal in der Pharmaindustrie gearbeitet. Und 66 (oder 4 Prozent) hatten mindestens einmal direkt die Seite gewechselt.
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Grafik: Public Eye

Die Untersuchung beleuchtet auch die Abteilungen, die am stärksten von Interessenkonflikten betroffen sind. Im Bereich der Marktzulassungen (AMM) bei Swissmedic gab es in 52 Prozent der identifizierten Fälle jemanden mit einer Herkunft in der Pharmaindustrie. Public Eye beschreibt unter anderem den Werdegang eines Managers, der 18 Jahre lang bei Sandoz und Roche beschäftigt war, bevor er Leiter der Zulassung bei Swissmedic wurde und schliesslich wieder als Compliance Officer zu Novartis wechselte.
Auch im Bereich der klinischen Studien, bei Inspektionen, innovativen Arzneimitteln sowie bei der Regulierung von Heilmitteln und dem Zugang zu Patientendaten sind die Quoten hoch.

Formen der Einflussnahme?

Public Eye befürchtet hier Formen der Einflussnahme bei kritischen Prozessen, zumal bei der Zulassung von Medikamenten, der Preisgestaltung oder beim Wunsch beschleunigter Zulassungsverfahren.
Um dies zu untermauern, nennt die Organisation verschiedene Beispiele. So übernahm ein ehemaliger Vizedirektor des BAG nach seinem Ausscheiden aus der Bundesverwaltung sofort die Leitung einer privaten Krankenkasse.
Auf Anfrage von Public Eye räumen Swissmedic und das BAG das Risiko von Interessenkonflikten ein, wollten die Ergebnisse der Umfrage sonst aber nicht kommentieren. Keine der Institutionen führt offizielle Statistiken zu diesem Thema.
Public Eye fordert seinerseits eine obligatorische Karenzzeit von mindestens 12 Monaten zwischen einem öffentlichen Mandat und einer privaten Beschäftigung im selben Sektor.
  • Public Eye: «Seitenwechsel im Pharmabereich Unter welchem Einfluss der Industrie stehen Schweizer Behörden?», Mai 2025.

  • politik
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