Es ist wahrlich kein Geheimnis, dass die Finanzierung von wissenschaftlichen Studien oft auch die Resultate einfärbt. Jetzt wurde das Problem in einem Feld neu erfasst, das die Ernährungswissenschaft seit Jahren intensiv beschäftigt – nämlich beim gesundheitlichen Gewicht von Fleisch.
Ein Team aus Psychologie- und Health-Sciences-Fakultäten dreier spanischer Universitäten griff das Phänomen auf, dass die Befunde zum kardiovaskulären Risiko von rotem Fleisch sehr uneinheitlich sind: Woran könnte das liegen?
Dazu untersuchten die Forscher, ob Parallelen zwischen Studienfinanzierung und Ergebnissen bestehen. Der Verdacht dahinter ist klar: Womöglich betreibt die Fleischindustrie hier Gesundheitspolitik?
Das Team um Miguel López-Moreno wertete dazu 44 Studien aus, die Bezüge hergestellt hatten zwischen unverarbeitetem rotem Fleisch und kardiovaskulären Risikofaktoren; der Zeitraum umfasste die Jahre 1980 bis 2023.
Dabei wurde unterschieden zwischen «industrieabhängig» (Studien mit finanzieller Unterstützung oder Interessensbezügen zur Fleischindustrie) und «unabhängig». Zugleich wurden die Studienergebnisse klassifiziert als «günstig» («favorable»), «neutral» oder «ungünstig» («unfavorable») für rotes Fleisch.
Bemerkenswert ist schon die erste Aussage: Zwei Drittel der Studien zum Thema hatten einen Bezug zur Fleischindustrie – ein hoher Anteil.
In diesen «industrieabhängigen» Arbeiten fanden sich zu 21 Prozent günstige Resultate: Danach hat rotes Fleisch also eher positive kardiovaskuläre Effekte. In 79 Prozent der Fälle waren die Aussagen neutral.
Kurz: Wenn die Fleischbranche eine Arbeit unterstützte, fanden die Forscher kein einziges Mal ungünstige Effekte.
«Öffentliche Mittel für die unabhängige Wissenschaft sind unabdingbar, wenn wir verlässliche Erkenntnisse gewinnen wollen, insbesondere in Gesundheitsfragen.»
Anders das Resultat bei industrieunabhängigen Studien: Hier ergaben sich in 73 Prozent ungünstige und in 27 Prozent neutrale Aussagen zum Einfluss von rotem Fleisch auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit. Günstige Wirkungen? Fehlanzeige.
Beim Vergleichsprotein zeigte rotes Fleisch gegenüber pflanzlichen Referenzprodukten in 70 Prozent der betrachteten Fälle ungünstigere Resultate.
Die unabhängige Forschung verbindet den Verzehr von rotem Fleisch also mehrheitlich mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko. Hingegen finden industriegesponserte Studien niemals negative Effekte.
Die Autoren verweisen in ihrer Discussion einerseits auf die naheliegende Problematik, dass die Fleischindustrie über gesponserte Studien das Gesundheits-Image von Fleisch schönfärbt – und kommentieren andererseits auch direkt in der Sache: «Diese systematische Übersicht liefert weitere Belege für die negativen Auswirkungen von unverarbeitetem Fleisch und unterstützt die Empfehlung, es durch pflanzliche Proteine zu ersetzen, um die Herz-Kreislauf-Gesundheit zu verbessern.»
Marcel Salathé, der EPFL-Professor für Epidemiologie, zog eine weitere Schlussfolgerung aus der spanischen Fleisch-Studie – er
postete sie auf LinkedIn mit dem Kommentar: «Public funding for independent science is essential if we want reliable evidence, especially in health matters.»