Kürzere Arbeitszeiten sind auch nicht die Lösung

Die Politik sieht das Gesundheitswesen unterm Kostenröhrenblick, die Gewerkschaften haben den Arbeitszeitenröhrenblick. Und so werden die wahren Probleme übersehen.

Gastbeitrag von Ronald Alder, 16. Februar 2024 um 23:00
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«Weniger Regulierung ist mehr»: Ronald Alder  |  Bild: zvg
Die Arbeitszeit der Gesundheitsfachpersonen – insbesondere von Ärztinnen, Ärzten und Pflegefachpersonen – rückt in den Fokus. Getrieben wird diese Diskussion durch die körperliche und psychische Belastung: Das Gesundheitspersonal ist besonders gefordert.
Auf der anderen Seite machen die Personalkosten in den Gesundheitsinstitutionen wie Spitälern und Pflegezentren 70 Prozent der gesamten Kosten aus. Es liegt also auf der Hand, dass das Personal wirksam und effizient eingesetzt werden muss. Und dass die Mitarbeitenden motiviert und gesund bleiben sollen.
Ronald Alder ist stellvertretender Geschäftsleiter des Verbands Zürcher Krankenhäuser VZK.
Darum engagieren sich die Gesundheitsinstitutionen täglich zusammen mit den Mitarbeitenden dafür, dass die Prozesse verbessert und Leerläufe vermieden werden. Dies insbesondere, um die steigenden Kosten zu dämpfen und dem Fachkräftemangel zu begegnen.
Leider hat der enorme Spardruck des Bundesrates und des nationalen Parlamentes in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass die Kosten wegen den tiefen Tarifen nicht gedeckt sind. Im stationären Bereich beträgt der Kostendeckungsgrad 92 Prozent, im ambulanten 84 Prozent.
Die Spitäler müssen sparen, das trifft insbesondere das Personal. Der Kostenröhrenblick führt dazu, dass die wahren Herausforderungen nicht im Fokus sind: nämlich die Versorgungssicherheit und der Fachkräftemangel.
«Die Umsetzung der Pflegeinitiative, die zu einem neuen Bürokratiemonster verkommt, ist leider ein weiteres negatives Beispiel.»
Die Gewerkschaften wiederum konzentrieren sich auf die Arbeitszeiten und entwickeln damit einen Arbeitszeitenröhrenblick. Sie vergessen dabei das Umfeld, in dem wir uns befinden, insbesondere den generellen Arbeitskräftemangel, die steigenden Kosten und die stagnierenden Einnahmen.
Die Herausforderung für viele Mitarbeitende bilden nicht die Arbeitszeiten an sich, sondern die zunehmenden administrativen Tätigkeiten, welche die Zeit am Patienten vermindern. Sowie die Planbarkeit der Einsätze, welche wegen des Fachkräftemangels weiter erschwert wird.
Beide Röhrenblicke führen zu einem Leistungsabbau und Qualitätsverlust. Der Kostendruck führt zu Personalabbau, die Arbeitszeitenreduktion hat geringere Verfügbarkeit des Personals zur Folge. Und dies bei wachsendem Bedarf wegen Bevölkerungswachstum, alternder Bevölkerung und medizinischem Fortschritt.
«Die Forderung nach verkürzter Arbeitszeit der Assistenzärztinnen und -ärzte schiesst am Ziel vorbei.»
Was ist zu tun? Die Regulierungswut muss eingedämmt und die Digitalisierung vorangetrieben werden. So gewinnen die Mitarbeitenden Zeit am Patienten, was ihre Motivation steigert und den körperlichen und psychischen Druck mindert.
Die Umsetzung der Pflegeinitiative, die zu einem neuen Bürokratiemonster verkommt, ist leider ein weiteres negatives Beispiel. Auf Bundesebene werden zusätzliche Gesetze und Verordnungen erlassen, die neue administrative Aufgaben nach sich ziehen.

Wozu Zulassungsbeschränkung?

Es müssen wieder einfache Lösungen gefunden werden. Weniger Regulierung ist mehr. Bei den Ärztinnen und Ärzten ist die Zulassungsbeschränkung aufzuheben, weil sie den Ärztemangel verschärft und die Motivation für junge, angehende Ärzte schmälert.
Die Forderung nach verkürzter Arbeitszeit der Assistenzärztinnen und -ärzte schiesst am Ziel vorbei, denn sie bedeutet eine Lohneinbusse und längere Ausbildungszeiten. Ihnen ist nicht mit einer Arbeitsreduktion gedient, sondern mit mehr Zeit am Patienten.
Dazu braucht es weniger Regulierung, Administration und Bürokratie; es braucht mehr Digitalisierung und kostendeckende Tarife, insbesondere für die Ausbildung.

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