Ein Gesundheitsminister zeigt sich mit dicker Zigarre

Tabak-Prävention, Akohol-Risiken? Vergessen sind die vielen Millionen Franken für Aufklärungsprogramme. Berset feiert.

, 23. August 2023 um 14:28
image
Video auf «X»
Natürlich darf er das: Gesundheitsminister Alain Berset feierte an der Street Parade in Zürich. Er zeigte sich von seiner ausgelassenen Seite, trug eine knallrote Federboa zum weissen Hemd und zum obligaten Hut.

13 Millionen für Tabakprävention

Doch das Bild vom Bundesrat, der sich so locker gehen lässt, mutet doch etwas seltsam an. Ausgerechnet der Chef über das Schweizer Gesundheitswesen, der oberste Verwalter des Tabakpräventionsfonds, der jedes Jahr 13 Millionen Franken dafür ausgibt, dass in der Schweiz weniger geraucht wird, ausgerechnet dieser zeigt sich mit einer extradicken Zigarre – und einem Dosenbier.
Hat er vergessen, dass sein Departement auch viel Geld für die Alkoholprävention ausgibt? Jedenfalls hat ihn offenbar niemand daran erinnert. Die Medien zeigten zwar genüsslich das Video, doch niemand wagte zu fragen: Ist das Prävention, Herr Berset?

Zu misslaunig?

Wäre die Frage zu missmutig, zu bärbeissig gewesen? Hat es niemand gewagt, ob all der Lebensfreude auch etwas Kritisches zu sagen?
Die «Ostschweiz» zählte sogar auf, welchen Politikern «etwas Federboa- und Zigarrenlockerheit» auch noch guttäte.
Die «Weltwoche» störte sich nicht an der Zigarre, sondern titelte «Berset von Bierdose getroffen: An der Street Parade fliegt dem Bundespräsidenten ein Geschoss an den Kopf.»
Auch der «Blick» urteilte gnädig: «Bundespräsident gönnt sich Zigarre auf dem Love Mobil.»

Keine Vorbildfunktion

Ganz vereinzelt meldeten sich andere Stimmen, etwa diese: «Mich stört, dass er in aller Öffentlichkeit raucht. Keine Vorbildfunktion. Der Staat gibt jährlich Millionen aus, um unsere Kinder vom Rauchen fernzuhalten und dann raucht unser Bundespräsident in aller Öffentlichkeit und zieht noch genüsslich an seiner Zigarre.»

So cool, oder?

Ein sauertöpfischer Griesgram, der solches schreibt, fand die Mehrheit. Vielleicht liesse sich aber auch viel Geld sparen, wenn nicht sogar der Gesundheitsminister der grossen Öffentlichkeit zeigt: Seht her, so cool ist es zu rauchen und zu trinken.

Kein Geheimnis

Dass Berset Zigarren raucht, ist übrigens kein Geheimnis. Als er 2020 in der Sendung Focus auf «Radio SRF» 100 Fragen zu beantworten hatte, sagte er zum Thema Geschlechter: Als «männlichste Seite» an sich sehe er sein Zigarrenrauchen.
  • politik
  • alain berset
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Bundesrat: Mehr Massnahmen gegen ärztliche Gefälligkeitszeugnisse unnötig

«Ein Generalverdacht gegenüber der Ärzteschaft wäre verfehlt», findet der Bundesrat. Er will nicht intensiver gegen falsche Arztzeugnisse vorgehen.

image
Gastbeitrag von Felix Schneuwly

Eingebildete Explosionen und teure Luftschlösser

Jedes Jahr gibt es dieselbe Diskussion über steigende Gesundheitskosten. Und jedes Jahr die gleichen Rezepte: Einheitskasse, mehr Staat, Pauschalbudgets. Diesmal alles auch in Buchform.

image

Spitallisten: Druck auf Kantone nimmt zu

Wie der Ständerat macht auch der Nationalrat Druck, damit die Kantone die Spitalplanung und die Leistungsaufträge aufeinander abstimmen.

image

Medikamente: Nationalrat lehnt einfachere Zulassung ab

Im Unterschied zum Ständerat will der Nationalrat nichts wissen von einer erleichterten Einfuhr patentabgelaufener Medikamente.

image

Ärzte aus der EU: Hier droht ein Regelkonflikt

Darf die Schweiz von EU-Ärzten auch in Zukunft noch Sprachkenntnisse und Erfahrung verlangen? Die SVP will dazu Antworten vom Bundesrat.

image

Gesundheitsverbände bauen politischen Druck auf

Mit einer Grossdemonstration machen Berufsverbände und Gewerkschaften im November ihre Forderungen sichtbar. Sie pochen auf mehr Personal und eine solidere Finanzierung von dessen Ansprüchen.

Vom gleichen Autor

image

«Das Inselspital ist noch lange nicht über den Berg»

Das Inselspital wartete mit guten Meldungen auf. Doch der Insel-Kritiker Heinz Locher gibt keine Entwarnung.

image

So entgehen Sie dem Hochstapler-Syndrom

Viele Ärztinnen und Ärzte überfordern sich – und glauben dann selber, dass sie über ihrem Können spielen. Das ist schlecht für die Psyche.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.