Die Motion war schon länger geplant. Der eigentliche Auslöser war der bundesweite Qualitätsvertrag nach Artikel 58a, der unabhängige Audits vorsieht. Das Problem ist aber: Die Umsetzung liegt bei den Kantonen – und da gibt es noch immer strukturelle Lücken, die eine wirklich objektive Qualitätssicherung verhindern.
Wie beurteilen Sie aktuell die Qualitätssicherung in Schweizer Spitälern?
Die Situation ist sehr uneinheitlich. Manche Häuser arbeiten hervorragend, andere haben deutliche Schwächen. Ein vollständiger, objektiver Überblick fehlt. Solange unabhängige, standardisierte und proaktive Kontrollen fehlen, bleiben grosse Lücken. Meist läuft es noch nach dem Prinzip Selbstkontrolle; Rückprüfungen passieren oft erst nach Vorfällen – dann ist es meistens schon zu spät. Dabei könnten frühzeitige, systematische Kontrollen nicht nur die Sicherheit erhöhen, sondern auch Kosten sparen.
André Plass, Herzchirurg und Unternehmer, deckte als Whistleblower Missstände und hohe Sterblichkeitsraten an der Herzklinik des Universitätsspitals Zürich auf. 2020 führte dies zu seiner Entlassung, seither engagiert er sich für strengere Qualitätskontrollen im Gesundheitswesen. Er sitzt für die SVP im Schwyzer Kantonsrat.
Wie sollte eine unabhängige Prüfstelle idealerweise aussehen?
Wir brauchen eine wirklich unabhängige Instanz – vergleichbar mit Swissmedic oder der FINMA –, die verbindliche Qualitätsprüfungen auf allen Ebenen macht. Selbstbeurteilungen sind immer subjektiv. Ganz wichtig ist ausserdem ein klarer Sanktionsrahmen: Schwere Verstösse müssen Konsequenzen haben, sonst leidet das Vertrauen.
Was muss sich ändern, damit Angestellte Missstände ohne Angst melden können?
Sie brauchen die Gewissheit, dass ihnen keine Nachteile entstehen. Solange Zweifel bestehen, ist die Stelle strukturell ungeeignet. Selbst gravierende Hinweise bleiben heute oft folgenlos. Wer nicht anonym meldet, trägt weiterhin enorme Risiken. Häufig wird Whistleblowern sogar Eigeninteresse unterstellt – gerade von jenen, die die Missstände zu verantworten haben.
Sie sprechen aus eigener Erfahrung. Welche Lehren ziehen Sie aus dem, was Sie als Whistleblower am USZ erlebt haben?
Ich habe mehrfach auf Probleme hingewiesen – auch andere Kolleginnen und Kollegen hatten Bedenken –, und trotzdem wurden die Missstände nicht behoben. Gehen war für mich keine Option, weil sonst Patienten gefährdet gewesen wären. Am Ende wurde meine Glaubwürdigkeit zerstört, dazu kam ein erheblicher finanzieller Schaden.
Warum kommen Missstände im Gesundheitswesen häufig nur sehr langsam ans Licht?
Bei systemischen Problemen schützen sich Netzwerke gegenseitig. Oft wird ignoriert, verharmlost oder abgelenkt. Verzögerungstaktiken und Vertuschung nach dem Motto 'smoke & mirror' gehören leider zum Standard.
Wie beurteilen Sie die Untersuchung von Niklaus Oberholzer am USZ?
Die als «International Task Force» präsentierte Untersuchung entpuppte sich als kleines internes Team – trotz gemeldeter Interessenkonflikte. Meiner Meinung nach war es eine reine Administrativprüfung: Strafrechtliche Aspekte blieben ausgeklammert, Verantwortlichkeiten wurden nicht untersucht, zentrale Personen nicht befragt. Bis heute liegt kein Abschlussbericht vor; der Publikationstermin fällt auffällig in eine Phase geringer öffentlicher Aufmerksamkeit vor Weihnachten. Dies ist besonders brisant, da schwerwiegende Vorfälle, manipulierte Dokumentation und Patientengefährdungen intern bereits dokumentiert waren.
15 Monate nach der Anzeige gab es weder Rückfragen noch erkennbare Ermittlungen.