Corona-Massnahmen in Schulen: Wirkung relativ

Rettung durch Schulschliessungen? Eine Genfer Studie untersuchte die Wirkung der Covid-Massnahmen in Kitas und Schulen: Bei hoher Inzidenz in der Bevölkerung greifen sie kaum – und wurden wohl überschätzt.

, 24. Juli 2025 um 00:00
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Bild: Kelly Sikkema / Unsplash
Schulschliessungen waren während der Corona-Epidemie ein Streitpunkt erster Güte. Die Schweiz wagte hier eine zurückhaltende Politik, während andere Länder radikal vorgingen – im Glauben, dass Kindergärten und Schulen wichtige «Treiber» des Covid-Geschehens seien.
Dies wiederum wurde und wird regelmässig angezweifelt. Eine neue Studie trägt jetzt zu einem differenzierten Bild bei. Sie wurde erarbeitet von einem Team des Genfer Universitätsspitals HUG, der Universität Genf, der EPFL und der Johns Hopkins University. Es verarbeitete das SARS‑CoV‑2-Aufkommen in Genfer Schulen und Kitas und verglich dieses mit der allgemeinen Bevölkerung.
Im Hintergrund steht, dass in Genf ab März 2021 ein Monitoring-Projekt lief («SEROCoV‑Schools»), das serologische, virologische und epidemiologische Daten von 336 Kindern, 51 Betreuern sowie Familien in insgesamt 40 Klassen und Kinderkrippen erfasste.
  • Javier Perez-Saez, Mathilde Bellon, Justin Lessler, … Elsa Lorthe / SEROCoV-Schools Study Group: «Evolving infectious disease dynamics shape school-based intervention effectiveness», in: «Nature Communications», Juli 2025.
  • DOI: 10.1038/s41467-025-61925-5
Die neue Studie konzentriert sich nun darauf, die Virusübertragung in Schulen in einen Zusammenhang zu stellen mit dem allgemeinen Infektionsgeschehen.
Die Modellberechnungen zeigten: Während zu Beginn der Pandemie Infektionen vor allem innerhalb der Schule erfolgten, wurde das Infektionsgeschehen danach von ausserhalb der Schule bestimmt: Bei hoher Inzidenz in der Gesellschaft wurden Schulausbrüche grösstenteils durch externe Einträge getrieben.

Alle oder keine

Damit deutet sich an, dass Massnahmen in den Schulen – Masken, Lüftung, sogar Schliessungen – allenfalls effektiv sind, wenn die allgemeine Infektionslage niedrig ist. Bei sehr hoher Inzidenz in der Bevölkerung verlieren sie jedoch erheblich an Effekt: Dann zeigen selbst gelegentliche Schliessungen von Schulen oder Kitas kaum Wirkung.
Bei geringer Viruszirkulation und begrenztem Risiko hingegen konnten diese Maßnahmen wohl helfen, Ausbrüche in der jeweiligen Schule zu bremsen.
Fazit: Eine Kontrolle von Infektionen bei Kindern setzt voraus, dass die Übertragung auch auf gesamtgesellschaftlicher Ebene unter Kontrolle ist. Bei hoher Inzidenz sind reine Schulmassnahmen weitgehend wirkungslos.
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