Blut-Check-Ups: Labors konkurrieren mit Hausärzten

Prävention und Früherkennung mit Bluttest: Die Hausärzte sind wenig begeistert von solchen Angeboten.

, 24. April 2025 um 12:03
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| Hush Naidoo Jade Photography on Unsplash
«Wir checken deine Blutwerte, damit du deine Gesundheit nicht aus den Augen verlierst.» So wirbt die Firma Lab-to-go für ihre Bluttests. Ein anderes Unternehmen, Vitalcheck, schreibt auf seiner Website: «Verstehe deinen Körper und treffe informierte Entscheidungen.»
Immer mehr Anbieter von Blutuntersuchungen bieten solche Tests als medizinische Check-Ups zur Früherkennung und Prävention von Krankheiten an. Und sie stellen sich damit offen in Konkurrenz zu hausärztlichen Untersuchungen.

Preisvergleich mit Hausarzt

Vitalcheck rechnet sogar vor, dass der Vital-Check, den das Labor anbietet, beim Arzt samt Konsultation und Besprechung 36 Prozent mehr kosten würde, nämlich rund 310 statt 200 Franken.
Eine Firma streicht heraus, dass sie den Patienten einen Zugang zu professionellen Schweizer Labortests ermögliche – ohne dass sich diese bei einem Arzt rechtfertigen müssten.

22 Tests für 199 Franken

Einer dieser Gesundheits-Check-Ups enthält 22 Tests: Bestimmt werden Werte von Alanin-Aminotransferase (einem Enzym, das auf Leberschäden hinweisen kann) bis zum TSH-Wert (dem Hormon, das die Schilddrüse stimuliert). Das ganze Paket kostet 199 Franken.
Die meisten Hausärzte halten wenig von solchen «Check-Ups». Marc Jungi, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin und Vorstandsmitglied des Verbands der Haus- und Kinderärzte Schweiz (MFE), sagt: «Unspezifische breite Blutuntersuchungen ohne klare medizinische Indikation machen keinen Sinn.»

«Häufig unklare Zufallsbefunde»

Sie würden bei vermeintlich krankhaften Befunden Unsicherheiten bei den Patientinnen und Patienten schüren. Häufig kämen unklare Zufallsbefunden ohne Krankheitswert zustande, welche dann noch über die Grundversicherung von der Hausärztin oder dem Hausarzt abgeklärt werden müssten.
Jungi hält fest: «In der Gesundheitsprävention gibt es eine gute wissenschaftliche Evidenz, welche Beratungen, Impfungen oder Screeningtests in welchem Lebensalter bei gesunden Menschen sinnvoll und nützlich sind.» Er verweist auf die Eviprev-Empfehlungen des Unizentrum für Allgemeinmedizin und Gesundheitswesen in Lausanne.

Bedürfnis offenbar vorhanden

Marc Jungi räumt allerdings ein, dass diese Checkups bei diversen Anbietern ein Geschäftsmodell seien und auch nachgefragt würden.
Die Bluttests seien allerdings keine Alternative zum Hausarzt – und die Hausärzte seien auch nicht froh um die Entlastung. «Denn wir sehen immer wieder verunsicherte Patientinnen und Patienten, die uns mit Resultaten von nicht indizierten Laborabklärungen konfrontieren. Häufig reicht eine Beratung, gelegentlich braucht es weitere Abklärungen.»
Es sei äusserst selten, dass solche Bluttests tatsächlich zu einer Krankheit führen, die ohne dieses Screening zu spät entdeckt worden wäre.

Wenn Prävention zum Problem wird

Es ist auf den ersten Blick eine überraschende Idee, die eine internationale Gruppe von Hausärzten und Professoren im «British Medical Journal» vertritt: Prävention ist ein Problem – so lautet die These kurz zusammengefasst.
Die Autoren kritisieren, dass längst nicht mehr bloss Menschen mit erhöhtem Risiko viele Vorsorgemassnahmen in Anspruch nähmen. Dies wiederum leite allzu viele Menschen in die Arztpraxen, obwohl sie dort nicht hingehören.
Ihr Fazit: Es sei an der Zeit, «die Begeisterung für klinische Präventions-Schritte mit minimalem Nutzen bei asymptomatischen Bevölkerungsgruppen mit geringem Risiko» zu bremsen.


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