Ansporn oder Abschreckung? Was Leistungs-Rankings im Spital bewirken

Rankings in Ärzteteams sind umstritten. Eine neue Studie beleuchtet, wie medizinisches Personal auf verschiedene Formen von Leistungsfeedback reagiert.

, 3. Juni 2025 um 10:19
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Symbolbild: Joshua Golde / Unsplash
Leistungsvergleiche in Form von Rankings können die Qualität der medizinischen Versorgung fördern – wenn sie richtig eingesetzt werden. Das zeigt eine aktuelle gesundheitsökonomische Studie, die in «Management Science» veröffentlicht wurde.
Was bringt es, wenn sich die Ärztinnen und Ärzte innerhalb eines Spitalteams einschätzen? Steigert es die Leistung oder die Qualität? Oder wirkt es vielmehr demotivierend? Eine Forschungsgruppe der Universitäten Köln und Münster untersuchte, wie Ärztinnen und Ärzte auf unterschiedliche Gestaltung von Leistungsrankings reagieren, wenn ihre individuelle medizinische Behandlungsqualität bewertet wird.
  • Katharina Huesmann, Yero Samuel Ndiaye, Christian Waibel, Daniel Wiesen: «How the Design of Ranking Systems and Ability Affects Physician Effort», in: «Management Science», Mai 2025.
  • doi: 10.1287/mnsc.2022.00990
Verhaltensökonomische Studien haben gezeigt, dass solche Feedback-Systeme, die kollegiale Anerkennung einbeziehen, eine gute Wirkung haben: Sie können motivierend wirken, wenn die Kriterien transparent und erreichbar sind. Wird die Hürde jedoch als unerreichbar empfunden, droht Demotivation.
In einem sogenannten «Lab-in-the-Field»-Experiment mit über 100 praktizierenden Ärztinnen und Ärzten sowie 240 Medizinstudierenden analysierten die Forschenden, wie sich unterschiedliche Schwellenwerte im Ranking auf die Leistung auswirken.
Ein Resultat dabei: Ein allgemein gültiges, motivationssteigerndes Design gibt es nicht. Rankings müssen sich vielmehr an der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Teams orientieren.
«Die Herausforderung liegt darin, die richtige Balance zu finden, um möglichst viele Ärztinnen und Ärzte zu motivieren, ohne einen Teil der Belegschaft zu frustrieren», sagt Co-Autor Yero Ndiaye. Nur so lässt sich verhindern, dass motivierende Anreize bei einigen Personen zur Frustration führen. Ziel sei es, für alle Teammitglieder eine erreichbare Verbesserungsperspektive zu schaffen.

Empfehlung für die Praxis

Für Spitalleitungen ergibt sich daraus eine klare Empfehlung: Wer Rankings als Feedbackinstrument nutzen will, sollte sowohl indivuelle Leistungskennzahlen erfassen als auch gezielte Trainings- und Weiterbildungsmöglichkeiten bereitstellen.
Nur dann entfaltet Performance-Feedback seine Wirkung – und nur dann wird ein Ranking zu einem Werkzeug, das die Qualität der Versorgung nachhaltig fördert.
«Voraussetzungen für eine erfolgreiche Einführung in der klinischen Praxis sind allerdings die Erfassung und kontinuierliche Messung von Leistungskennzahlen auf individueller Leistungserbringerebene und die regelmässige Nutzung des Performance-Feedbacks in Kombination mit Trainings- und Schulungsmöglichkeiten», resümiert Studienleiter Daniel Wiesen vom Department of Operations Management der Universität zu Köln: «Weitere Evidenz hierzu ist allerdings noch in länger angelegten Feldexperimenten in Kliniken notwendig.»
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