57 Millionen Datensätze für die Medizin von morgen

In England läuft nun ein KI-Projekt, das dank den Daten der ganzen Bevölkerung viel mehr Erkrankungen voraussehen oder die Spitalbelastung vorhersagen will. Die Beteiligten erhoffen sich schlicht einen Paradigmenwechsel.

, 12. Mai 2025 um 04:00
image
Ein Schatz mit Milliarden Daten: London  |  Bild: Henry Be / Unsplash
Als die Wissenschaftler verschiedener Universitäten das Projekt letzte Woche in London präsentierten, wählten sie grosse Worte: Es sei «groundbreaking», hiess es zum Beispiel; es könnte «unlock a healthcare revolution». Sein Name: Foresight. Unter diesem Titel arbeiten Forscher des britischen Gesundheitssystems NHS sowie mehrerer Universitäten daran, die Daten von 57 Millionen Patienten – beziehungsweise von 10 Milliarden medizinischen Ereignissen – in einem KI-Modell zu verarbeiten.
Am Ende soll Foresight sowohl Spitalaufenthalte als auch Krankheiten und neue Diagnosen für Patientengruppen aller Art vorhersagen können – um präventiv einzugreifen; oder um präziser zu planen.
Momentan läuft die Pilotphase, in der Foresight acht NHS-Datensätze auswertet beziehungsweise verarbeitet: Spitaleintritte, Notaufnahmen, Covid-19-Impfungen.
Die Hoffnung: Weil hier erstmals die Gesundheitsinformationen einer ganzen Bevölkerung mit KI ausgewertet und gedeutet werden, könnten Prognosen für verschiedenste Gruppen herausgefiltert werden – zum Beispiel für Minderheiten. Oder womöglich lassen sich Entwicklungen und unbekannte «Marker» von seltenen Krankheiten dingfest machen.

Prävention in grossem Massstab

«Foresight ist ein wirklich spannender Schritt, um womöglich Krankheiten und Komplikationen vorherzusagen, bevor sie auftreten», sagte Chris Tomlinson vom University College London – einer der beteiligten Universitäten – bei der Präsentation vor den Medien: «Es ermöglicht einen Wandel hin zu einer stärker präventiven Gesundheitsfürsorge im grossen Massstab.» Womöglich lassen sich beispielsweise so ungeplante Hospitalisationen präziser prognostizieren.
Derzeit liegt der Schwerpunkt auf der Vorhersage von Covid-19-bezogenen Gesundheitsverläufen. Aber bald schon, so die Hoffnung, wollen die Briten mit Foresight das Auftreten von über 1’000 verschiedenen Erkrankungen besser verstehen und kontrollieren.
Auf der anderen Seite sollen es die intelligenten Auswertungen von Krankheitsmustern erlauben, persönliche Risiken von Patienten früher zu erkennen und damit auch die Behandlung individueller zu gestalten – womit sowohl unnötige Spitalaufenthalte als auch Komplikationen eher vermieden werden dürften.
Die genutzten Daten sind vollständig anonymisiert. Dennoch äusserten andere Wissenschaftler Bedenken; zum Beispiel, dass ein sehr intelligentes System am Ende umgekehrt wieder in der Lage sein könnte, Individuen wieder personenbezogen zu identifizieren.
Zur Mitteilung des University College London


  • Mehr / Quellen: «Nature», «Independent», «Medical Device Network».



  • digital & ki
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Teleroboter gegen Blutgerinsel gewinnt Zürcher Pionierpreis

Eine Medtech-Firma setzte sich gegen Juristen und Bauingenieure durch: Nanoflex Robotics erhalten 100'000 Franken.

image

OneDoc übernimmt Medicosearch: Auswirkungen für Praxen in der Schweiz

Nach dem Zusammenschluss wird OneDoc über 13’000 Gesundheitsanbieter umfassen. Diese erhalten mehr digitale Reichweite – und mehr KI.

image

Spital- und Praxis-IT: Erstaunlich schlechte Noten

Digitale Informationssysteme in Spitälern und Praxen enttäuschen bei Effizienz und Patientensicherheit: Dies besagt eine grosse Ärztebefragung. Speziell in Spitälern ist die Unzufriedenheit gross.

image

Klinikinformations-Systeme: KISIM wird besser beurteilt als Epic

Eine Umfrage unter Spitalärzten zeigt, wie Klinikinformationssysteme in der Praxis wahrgenommen werden. Entscheidend ist allerdings nicht nur das System selbst, sondern auch dessen Umsetzung vor Ort.

image

So wird Ihre Praxis fit für die digitale Zukunft

Mehr Zeit für Patientinnen und Patienten statt manueller Suche in physischen Akten: CENT Systems bietet Ärztinnen und Ärzten mit der Lösung Health Documents umfassende Mehrwerte bei der Optimierung der Praxisadministration.

image

Vifor muss nicht 3,8 Millionen zahlen

Die ehemalige Galenica und ihre Tochter HCI Solutions hatten mit ihren Index-Datenbanken zwar den Markt beherrscht – aber kaum missbraucht.

Vom gleichen Autor

image

LUKS Wolhusen: Interimsleitung nach Chefarzt-Abgang eingesetzt

Mit Thomas Orth und Ulf Such sollen zwei erfahrene Ärzte aus dem eigenen Haus für Stabilität sorgen.

image

Zusammenschluss in der Zentralschweiz: Neues Zentrum für Unfallchirurgie und Orthopädie

Mehrere Fachärzte arbeiten im Raum Luzern enger zusammen. Hauptstandort ist in der Hirslanden Klinik St. Anna.

image

St. Gallen holt Generalsekretärin vom USB

Nadia Hafner wird Generalsekretärin des kantonalen Gesundheitsdepartements. Sie folgt auf Gildo Da Ros.