Brustkrebs: Im AHV-Alter diskriminiert

Wenn Frauen im AHV-Alter Brustkrebs haben, sind sie weniger gut versichert als ihre jüngeren Leidensgenossinnen.

, 10. Oktober 2022 um 10:08
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«Wieso werden Brustkrebspatienten im AHV-Alter diskriminiert? Das will die Tessiner SP-Ständerätin Marina Carobbio mit einer Interpellation wissen, die sie in der zurückliegenden Herbstsession eingereicht hat.
Man muss wissen: Frauen, die erstmals im Erwerbsalter eine Brustprothese beziehen, erhalten ihre Prothesen in der Regel lebenslang von der Invalidenversicherung (IV) bezahlt. Befindet frau sich hingegen zum Zeitpunkt der ersten Brustprothese bereits im AHV-Alter, ist die IV nicht mehr zuständig. Die Vergütung solcher Fälle ist in der Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL) geregelt.
Wie an dieser Stelle wiederholt berichtet, hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) vor einem Jahr die MiGeL einer Revision unterzogen. «Nach einem Jahr sehen wir in den Beratungsstellen der Krebsliga: Diese Revision diskriminiert Frauen im AHV-Alter.» Dies sagt Marika Bana, assoziierte Professorin an der Hochschule für Gesundheit Fribourg und Vorstandsmitglied der Krebsliga Schweiz.

Nicht kostendeckend

Der Interpellation von Marina Carobbio ist zu entnehmen, dass Brustprothesen seit dem 1. Oktober 2021 zu einem tieferen Ansatz vergütet werden. Die betroffenen Rentnerinnen erhalten pro Kalenderjahr nur noch 190 Franken pro Prothese sowie 100 Franken für notwendiges Zubehör. Eine Brust-Prothese koste jedoch um die 400 Franken. «Das bedeutet, dass die betroffenen Frauen die Differenz aus der eigenen Tasche bezahlen müssen», schreibt die Tessiner Ständerätin, die übrigens selber Ärztin ist.
Laut Carobbio würde zudem eine Erstberatung mit 150 Franken, die Folgeberatungen nur noch mit 37.50 Franken vergütet. Das bedeute, dass nur für die erste Brustprothese ein angemessener Betrag für die Beratung übernommen werde. «Doch der Körper einer Frau verändert sich, und in den seltensten Fällen kann dieselbe Prothesenart eingesetzt werden. Die notwendige erneute Beratung ist mit 37.50 Franken deshalb nie abgegolten.»

Am falschen Ort gespart

Stefanie de Borba ist Medienverantwortliche bei der Krebsliga. Sie findet, da werde am falschen Ort gespart. Komme es zu einer Entfernung der Brust, würden sich die meisten Frauen für eine brustaufbauende Operation mit einem Implantat entscheiden, was von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) gedeckt sei. «Doch gewisse Frauen, denen eine Brust entfernt wurde, verzichten bewusst auf einen Wiederaufbau», sagt de Borba. «Viele von ihnen verwenden stattdessen eine Brust-Exoprothese. Sie hilft, das Gleichgewicht und die Körperbalance zu stabilisieren und den Niveau-Unterschied optisch auszugleichen.»
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