Krebsliga will keine Geheimpreise mehr bei Medikamenten

Ausgerechnet die Krebsliga ist dagegen: Der Bundesrat soll künftig keine vertraulichen Rabatte mehr mit der Pharmaindustrie vereinbaren.

, 21. März 2024 um 07:05
image
Der Hauptsitz der Krebsliga in Bern. | zvg
Die Krebsliga findet geheime Preismodelle nicht sinnvoll. Doch der Bundesrat sieht sie als Mittel zum Kostensenken. Deshalb schliessen das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Arzneimittel-Hersteller schon seit geraumer Zeit immer wieder vertrauliche Verträge über Rabatte für teure Medikamente ab.

Verträge sind kontraproduktiv

Nun will der Bundesrat solche «geheime Preismodelle» sogar im zweiten Kostendämpfungspaket gesetzlich verankern. Aber die Krebsliga findet: «Diese vertraulichen Verträge verfehlen die gewünschte Wirkung.»
Tatsache ist, dass es bei vielen dieser Verträge um neue Krebsmedikamente geht. In der Krebsbehandlung sind die Arzneimittelpreise deutlich höher als in anderen Fachgebieten. Krebsmedikamente verursachen mit nur 0,7 Prozent Bezügen über eine MiIlliarde Franken, also 12,5 Prozent der Medikamentenkosten in der Grundversicherung.

Lobenswert, aber...

Die Absicht des Bundesrats ist es, diese Arzneimittel schneller und günstiger verfügbar machen. «Das ist zwar lobenswert, doch gibt es keine wissenschaftliche Evidenz, dass vertrauliche Rabatte zur Erreichung dieses Ziels beitragen», schreibt die Krebsliga in einer Mitteilung.
Die Preismodelle würden vielmehr verhindern, dass die wirkungsvollsten Substanzen zum besten Preis in die Spezialitätenliste aufgenommen werden. Warum die Krebsliga das befürchtet? Eine internationale Studie der Universität Zürich kommt zum Schluss, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem klinischen Nutzen und den Kosten eines Medikamentes gibt.

So kommen auch schlechte Mittel auf die Liste

«Die potentielle Wirksamkeit muss daher bei der Preisgestaltung besser berücksichtigt werden», verlangt die Krebsliga. Mit Preismodellen könnten jedoch die Pharma-Hersteller bei entsprechend hohem Rabatt auch Medikamente mit schlechter wissenschaftlicher Beweislage zur Aufnahme in die Spezialitätenliste beantragen. Die Krebsliga befürchtet: «Ist ein Wirkstoff erst einmal in die Spezialitätenliste aufgenommen, wird er in der Regel nicht mehr zurückgezogen.»
Statt geheimer Preismodellen braucht es laut der Krebsliga eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Staaten und mehr statt weniger Transparenz bei den Preisen. Im Sommer wird sich der Ständerat mit der Vorlage befassen.
  • medikamente
  • krebsliga
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image
Die Rechtsfrage der Woche

Vitamine und Versprechen: Was beim Verkauf von Nahrungsergänzungs-Mitteln gilt

Nahrungsergänzungsmittel füllen die Regale – in Apotheken, Supermärkten und Online-Shops. Aber viele Werbeversprechen sind unzulässig. Eine juristische Einordnung, wo die Grenzen verlaufen – und was bei der Vermarktung in der Schweiz zu beachten ist.

image

Tardoc: Das Aus für organisierte Brustkrebs-Screenings?

Ab 2026 dürfte die Mammografie-Vorsorge deutlich schlechter vergütet werden. Erste Verträge wurden jetzt gekündigt. Krebsliga und Swiss Cancer Screening schlagen Alarm.

image

Versorgungssicherheit: Bundesrat kommt mit Gegenvorschlag

Die Volksinitiative zur medizinischen Versorgungssicherheit stösst in Bern auf Verständnis – aber nicht auf Zustimmung. Die Landesregierung präsentiert eine enger gefasste Alternative für mehr Arzneimittelsicherheit.

image

Seltene Krankheiten: Mehr Zulassungen, aber wenig Zusatznutzen bei Orphan Drugs

Über die Hälfte der neuen Medikamente bieten keinen echten Fortschritt. Und kaum je schaffen sie neue Lösungen für seltene Erkrankungen ohne Behandlungsmöglichkeiten.

image

Medikamente: Wo Europas Verteidigung auf der Kippe steht

Antibiotika, Anästhetika, Thrombolytika: Ohne sie bricht auch die Sicherheit eines Landes zusammen. 11 Gesundheitsminister fordern deshalb jetzt eine Arzneimittel-Offensive – mit Verteidigungsgeldern.

image

Swissmedic kennt bereits heute stark vereinfachte Zulassungsverfahren

Warum nicht die Zulassung von patentabgelaufenen Arzneimitteln vereinfachen? Weil es nichts bringt.

Vom gleichen Autor

image

Spitex Zürich erhält einen neuen CEO

Der Geschäftsleiter der Regio-Spitex Limmattal wird der neue Chef der Spitex Zürich. Der bisherige CEO, Markus Reck, geht in Pension.

image

Datenleck bei Hirslanden Zürich: Es war menschliches Fehlverhalten - kein IT-Problem

Ein Hirslanden-Belegarzt gab seine Login-Daten zu den Patientenakten weiter. Die Zugriffsrechte von Belegärzten seien aber kein grundsätzliches Problem, betont der Hirslanden-Sprecher.

image

Lindenhof gibt Spitalstandort Engeried auf

Grosser Umbau in der Berner Lindenhofgruppe: Im Engeried gibt es künftig nur noch ambulante Radiologie und Arztpraxen. Der Rest wird an den Lindenhof und an den Sonnenhof verlegt.