In Grossbritannien werden kleine, unabhängige Hausarztpraxen des staatlichen Gesundheitsdienstes NHS häufig von grossen Unternehmen aufgekauft und weitergeführt, oft von amerikanischen Investoren. Sowohl die britische Ärzteschaft als auch die Patienten sind darüber besorgt,
wie die «Ärzte Zeitung» (Abo) berichtet.Die Konzerne und Grossinvestoren werden oft dafür kritisiert, dass sie vor allem Profit machen wollen und das Wohl der Patienten vernachlässigen. «Den neuen amerikanischen Praxisbetreibern geht es nicht in erster Linie um das Patientenwohl, sondern darum, möglichst hohe Gewinne zu erzielen», sagt ein Londoner Hausarzt, der vor drei Jahren seine Praxis verkauft hat.
Gesundheitsministerium verteidigt Entwicklung
Das Gesundheitsministerium in London verteidigt die Entwicklung dagegen mit dem nicht unumstrittenen Argument, dass grosse Praxisketten «kostengünstiger» arbeiten und «Synergieeffekte» nutzen könnten, wie es immer wieder heisst.
Ärztliche Berufsverbände widersprechen und werfen den Gesundheitspolitikern vor, den schleichenden Ausverkauf der staatlichen britischen Allgemeinmedizin zuzulassen. Die Praxis des Aufkaufs wurde seit 2004 unter einer Labour-Regierung eingeführt und ist seitdem nach wie vor heftig umstritten.
Auch Patientenverbände sind besorgt
Investoren aus den USA und anderen Ländern gelten zwar als Hoffnungsträger, doch in den Praxen ist von diesem Schub bisher wenig zu spüren. In Grossbritannien herrscht nach wie vor ein Mangel an qualifizierten Hausärzten, viele Praxen sind zudem schlecht ausgestattet.
Auch Patientenverbände beobachten die Entwicklung mit grosser Sorge. Sie befürchten, dass das langjährige Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient in den neuen Praxisketten verloren geht, in denen häufig wechselnde Ärzte arbeiten und der Patient keinen festen Hausarzt mehr hat.