Unangezeigte Vitamin-D-Messungen, zu häufige Gesundheitschecks oder überflüssige Eisensubstitutionen und Bluttransfusionen: Es gibt Behandlungen und Untersuchungen, die für Patientinnen und Patienten keinen Mehrwert darstellen.
Dagegen kämpft Samarter Medicine. Der gemeinnützige Verein, dessen Partnernetzwerk inzwischen 20 Spitäler umfasst, setzt sich gegen die Über- und Fehlversorgung von Patientinnen und Patienten ein.
Als erste Berner Instituion hat sich das Spitalzentrum Biel (SZB) dem Verein angeschlossen. Das zweisprachige Zentrumsspital der Region Biel-Seeland-Berner Jura will damit die offene Diskussion über unnötige Behandlungen zwischen Ärzteschaft, Patientinnen und Patienten sowie Öffentlichkeit fördern.
Benzo's sind Ausnahmen
Neu ist die Ausseinandersetzung mit dem Thema nicht. «Das Spitalzentrum Biel setzt sich seit Jahren damit auseinander», schreibt das SBZ in einer Medienmitteilung.
«Blasenkatheter zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu entfernen, ist bei uns eine verbindliche Vorgabe. Auch muss in unserem Spital jeder Assistenzarzt, jede Assistenzärztin in der Lage sein, alle angeordneten Blutentnahmen zu begründen, um unnötige Blutentnahmen zu reduzieren», wird Daniel Genné, Chefarzt Innere Medizin und Mitglied der Spitalleitung, zitiert.
Zudem würden Schlaf- und Beruhigungsmittel wie Benzodiazepine nur in Ausnahmefällen angeordnet. «Auch halten wir uns an die Transfusionsschwellenwerte – unsere Ärztinnen und Ärzte werden diesbezüglich geschult», macht Genné weitere Beispiele.
Die «Top-5-Listen»
Kernstück der Aktivitäten von Smarter Medicine sind die «Top-5-Listen» aus allen medizinischen Fachdisziplinen, auf denen je fünf Behandlungen zu finden sind, die den Patienten in der Regel keinen Nutzen bringen.
Inzwischen sind in der Schweiz rund 20 «Top-5-Listen» veröffentlicht worden, über zwanzig weitere Listen sind in Entstehung. Medinside publizierte neulich die Top-5-Liste in der
Physiotherapie.
Auch Professor Daniel Genné arbeitet an einer zweiten Top-5-Liste für die Innere Medizin. «Es geht uns nicht um blosse Lippenbekenntnisse, sondern um die aktive Unterstützung zugunsten der Patientinnen und Patienten», so Genné.