Belegärzte vom Bethanien einigen sich mit der Helsana

Swiss Medical Network hat mit der Helsana für das Spital Bethanien ein neues Honorarmodell für die Abrechnung der Zusatzversicherungen vereinbart. Es ist ein Pilotversuch.

, 6. Mai 2022 um 21:39
image
Wie können Belegärzte in die neuen Tarifmodelle für Leistungen der Zusatzversicherungen eingebunden werden? Wie sollen sie dazu bewegt werden, die entsprechenden Verträge zu unterschreiben und die entsprechende Honorierung zu akzeptieren? Das ist der grosse Knackpunkt der neuen Tarifvertragsmodelle zwischen Spitälern und Krankenzusatzversicherungen.

Mehrwert muss transparent sein

Dass in diesem Bereich einiges im Argen liegt, ist bekannt. Tarifverträge zwischen Spitälern und Krankenzusatzversicherern müssen transparenter werden. Das fordern Finanzmarktaufsicht (Finma), Preisüberwacher bis hin zu Politikerinnen. Vor allem muss klar ausgewiesen sein, wie sich der Mehrwert einer Spitalkostenzusatzversicherung gegenüber der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) rechtfertigt.
Eine besondere Herausforderung ist das bei Belegarztspitälern. Krankenversicherer möchten am liebsten einen einzigen Vertrag mit dem Spital, während dann das Spital selber schaut, wie die Belegärzte zu honorieren sind. Heute ist es jedoch in vielen Fällen noch so, dass der Krankenversicherer zwei Rechnungen erhält: eine vom Spital, eine andere vom behandelnden Arzt.

Fünf mögliche Konstrukte

Mitte November hat der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) fünf mögliche Konstrukte skizziert, wie die Krankenversicherer mit den Belegärzten verfahren könnten:
  1. Ein Vertrag mit dem Spital
  2. Rahmenvertrag mit Spital plus Anschlussvertrag mit Belegarzt
  3. Rahmenvertrag zu dritt mit Verweis auf Zusatzverträge
  4. Tripartiter Vertrag
  5. Zwei separate Verträge
Mehr dazu lesen Sie hier. 
Swiss Medical Network und Helsana entschieden sich für eine Kombination aus den Konstrukten zwei und vier. Das heisst einen Rahmenvertrag, der von allen drei Parteien unterschrieben wird, plus eine Beitrittserklärung der Belegärzte. Seit Anfang April läuft der Pilotversuch im Zürcher Vertragsspital Bethanien.

Ärzte verhandeln über Taxpunkt

Neu ist nicht nur das Vertragskonstrukt; neu ist auch die Vorgehensweise bei den Verhandlungen, wie Dino Cauzza, CEO von Swiss Medical Network, erklärt. Verhandelt wurde zwischen einer dreiköpfigen Tarifkommission der Ärzte des Bethaniens und den Vertretern der Helsana. «Wir als Swiss Medical Network waren nur unterstützend dabei», sagt Cauzza. Dabei ging es bei den Verhandlungen vorab um die Festlegung des Taxpunktes.
Somit setzt sich das Tarifmodell aus zwei Teilen zusammen: Der KVG-Anteil wird den Ärzten gemäss SwissDRG nach dem Modell der Schweizerischen Belegärztevereinigung (SBV) direkt von der Klinik ausbezahlt. 
Zusätzlich erhalten die Belegärztinnen und -ärzte für ihre geleisteten Mehrleistungen aus der Zusatzversicherung eine Pauschale, welche im SMN VVG+ Tarifwerk definiert wird. Pro DRG werden dort Taxpunkte aufgeführt, welche für jeden Arzt mit einem zuvor vertraglich festgelegten Taxpunktwert pro Operation multipliziert werden können. Was nicht heissen will, dass alle Belegärzte identische Honorare erhalten. Unterschiede ergeben sich durch die Unterschiede der Fallpauschalen.

Spitäler bezahlen den Belegarzt

«Die Belegärzte müssen dafür keine separate Rechnung der freien Arztwahl mehr ausstellen, sondern erhalten ihre Mehrleistungen auf der Basis der DRG-Codierung direkt von der Klinik ausbezahlt», erklärt Cauzza weiter. So könne verhindert werden, dass es zu einer intransparenten Verrechnung von unterschiedlichen Leistungen komme.
Man muss wissen, dass der Präsident des Ärztegremiums, der im Namen der Ärzteschaft seine Unterschrift unter das Vertragswerk setzt, über keine juristischen Befugnisse verfügt. Er hat nur eine koordinierende, keine hierarchische Rolle.
Wenn sich also ein Belegarzt weigert, die Beitrittserklärung zu unterschreiben, so wird ihm die Klinik erklären müssen, dass er seinen Patienten nicht im Bethanien operieren kann. Es sei denn, der betreffende Arzt erhält von der Helsana ausdrücklich die Kostengutsprache. Das soll aber die Ausnahmen sein.

120 haben schon unterschrieben

Rund 200 Belegärztinnen und -ärzte operieren im Bethanien; mehr als 120 haben den Vertrag bereits unterschrieben. Cauzza spricht von einem Pilotversuch. So geht es vorerst darum, das Vertragswerk auch anderen Zusatzversicherern schmackhaft zu machen, ehe dann auch die anderen Spitäler vom Swiss Medical Network entsprechende Vertragsverhandlungen führen werden.
Das Beispiel zeigt, dass Bewegung in die Sache kommt. Bisher wurde nur über die Transparenzforderungen der Finma geredet. Jetzt steht schon mal ein praktisches Beispiel auf dem Tisch.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image
Gastbeitrag von Marco Gugolz

Zusatzversicherte: Die Mär von der Goldmine

Preisüberwacher Stefan Meierhans macht Stimmung gegen Zusatzversicherungen. Doch die offiziellen Zahlen des Bundes zeigen, dass sein Vorwurf einer Überversorgung nicht stimmt.

image

Sanitas: Neues GL-Mitglied kommt von Helsana

Jan Schultz übernimmt den neu geschaffenen Geschäftsbereich «Corporate Center».

image

Zusatzversicherung: Steigende Nachfrage nach Flexangeboten

Weniger Menschen lassen sich halbprivat oder privat versichern. Und die meisten Zusatzversicherten leben im Kanton Zürich. Das besagt eine neue Studie für Santésuisse.

image

Auch NZZ bemängelt die heutigen Spital-Zusatzversicherungen

«Spitäler und Kassen schröpfen ihre Luxuspatienten», so eine Einschätzung dort. Das Geschäftsmodell mit den Zusatzversicherungen gerät ins Wanken.

image

Die heisse Diskussion um Insel-Premium-Abteilung

Darf ein Universitätsspital mit seiner Luxus-Abteilung die Allgemein-Abteilung sponsern? Ja, das sei sozial, finden Krankenkassen-Experten.

image

Neues Prognosemodell weist auf Risiko für Opioidabhängigkeit hin

Unter der Leitung von Maria Wertli (KSB) und Ulrike Held (USZ) haben Forschende der ETH Zürich und der Helsana ein Modell zur Risikoeinschätzung einer Opioidabhängigkeit entwickelt.

Vom gleichen Autor

image

«Genau: Das Kostenwachstum ist kein Problem»

Für FMH-Präsidentin Yvonne Gilli ist klar: Es braucht Kostenbewusstsein im Gesundheitswesen. Aber es braucht keine Kostenbremse-Initiative.

image

«Kein Mensch will Rationierungen»

Für Santésuisse-Präsident Martin Landolt würde die Kostenbremse-Initiative nicht zu Qualitätsverlust führen. Solange die Bundespolitik ihre Hausaufgaben macht.

image

«Die Spitäler sind selber schuld»

Santésuisse-Präsident Martin Landolt über defizitäre Spitäler, den Tardoc-Streit, ambulante Pauschalen und unnatürliche Kooperationen.