Wie Apple sich die Zukunft der Telemedizin ausmalt

Der Tech-Konzern hat ein Patent angemeldet, um ein neues Telemedizin-Verfahren zu sichern. Es zeigt: Alles fliesst zusammen – Patientendossier, Video-Behandlung, persönliches Monitoring.

, 3. August 2016 um 05:57
image
Eine Patenteingabe verrät allerhand über die Medizin-Pläne des grössten Technologiekonzerns der Welt – und wie er die Zukunft sieht.
Das Dokument von Apple Inc., eingegeben beim Patentamt der USA, will eine Methode für «Tele-Medicine Sessions» (so der Titel) absichern; jetzt wurde es vom Spezialistenblog «Patently Apple» publik gemacht.
Für uns interessant wird die Grundidee, die dabei sichtbar wird: Telemedizin bedeutet für die Apple-Entwickler längst nicht bloss Fern-TV-Sessions.
Konkreter gesagt: Das interaktive Video für die Arzt-Patienten-Unterhaltung erhält bloss einen kleinen Platz auf dem Bildschirm. Aber parallel zum Gespräch sehen beide Seiten auf der Telemedizin-Oberfläche diverse Vitaldaten – ob live oder historisch –, zudem ältere Einträge, etwa die bereits verschriebenen Medikamente oder bestehende Allergien.
image
So sähe der Bildschirm aus: Oberfläche für Telemedizin-Behandlung in der Patenteingabe von Apple.
Sichtbar werden auch Anklick-Möglichkeiten, dank denen der Arzt während des Gesprächs gleich weitere Informationen abrufen kann.
Eine Hauptidee wird dabei offensichtlich: Die Telemedizin-Sitzung wird direkt mit den Informationen des Patientendossiers verknüpft. 
Die Erläuterungen zum Patenteintrag stellen zugleich klar, dass es den Patienten ermöglicht werden soll, selber Bilder einzugeben, um sie im Gespräch zu verwenden – und vor allem, dass der Austausch über eine sicheren Kanal erfolgen wird.

Patientenzustand und Pflegepläne in einem

Im Hintergrund steht, dass Apple den Bereich «Health» zu einem Schwerpunkt-Geschäft ausbaut. So stellte der kalifornische Tech-Riese im Frühjahr eine Softwareumgebung für den Gesundheitsbereich vor: CareKit. Das ist eine Programmierumgebung, die quasi als Baukasten für Forschungsinstitutionen, Spitäler und Unternehmen dient, um einfach eigene Gesundheits-Apps zu entwickeln.
Weiteres Beispiel: Gemeinsam mit IBM baute Apple eine App für das Spitalpersonal. Bei jedem Patienten lassen sich damit Angaben wie akuter Zustand, Pflegepläne, Medikation oder Spezialanforderungen aufs Tablet notieren (und die entsprechenden Informationen für die Ablösung aufdatieren).

EPD und Telemed-Plattform: Das ist dasselbe

Am Ende steht aber auch hier die Entwicklung eines Patienten-Dossier-System, bei dem alle Informationen integriert werden – und im Klinikalltag dann eine neue Verwendung finden.
Ein entsprechendes Projekt hat Apple bereits mit Ochsner Health am Laufen, einer Privatspital-Gruppe mit 11 Kliniken in den amerikanischen Südstaaten.
Und hier zeigt sich auch, dass der Übergang vom Elektronischem Patientendossier zu dessen Anwendung im Klinik-Alltag zum persönlichem Gesundheitstracking zur Überwachung durch den Hausarzt und weiter zur Telemedizin fliessend wird (zur Präsentation der Anwendungen von Apple und Ochsner). Mit dem Apple-Healthkit geben die Patienten auch nach der Entlassung beispielsweise ihre Blutdruckwerte ein. Und sie können dabei ihre Einstellungen so wählen, dass ausgewählte Ärzte die Entwicklung weiterverfolgen können – und dann bei Bedarf eingreifen. Zum Beispiel per Telemedizin-Konferenz. 

«Apple's Patent-Pending Invention Highlights Advancing work on a Tele-Medicine Sessions System», in: «Patently Apple», 30. Juli 2016. 

.

Zweitbefunde per Tele-Kommunikation: So geht es am Universitätsspital Basel

Ein Beispiel für eine heutige Tele-Medizin-Kommunikation zeigt ein neuer Film der deutschen Telekom: Ein Vertreter der T-Firma besucht Jens Jakscha von der Hals- und Gesichtschirurgie am USB. Und der zeigt, wie er sich per Videokonferenz mit Experten verschiedener Kliniken austauscht.
Etwa mittels von Röntgenbildern, welche alle Ärzte zeitgleich auf dem Bildschirm haben. Das kann ein grosser Monitor sein, es funktioniert aber auch auf dem Tablet und dem Handy.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Biomedical Engineering: Universität Basel und FHNW bündeln ihre Kräfte

Beide Institutionen bieten seit 2018 je einen Master in Biomedical Engineering an – eine Disziplin, die rasch wächst. Mit einem Schulterschluss sollen das Studium an Substanz gewinnen.

image

Diese fünf Behandlungen in der Physiotherapie sind unnötig

Massagen, Ultraschall oder Infrarot-Wärme: Solche Behandlungen allein gelten heute als unnütz und stehen deshalb nun auf einer Liste.

image

Der Bundesrat will das elektronische Patientendossier weiter verbreiten

Das EPD soll in zwei Schritten weiterentwickelt und seine Verbreitung vorangetrieben werden. Der Bundesrat hat seine Vorschläge in die Vernehmlassung geschickt.

image

Ist das die Lösung für den Transport von Laborproben?

Bisher scheiterten viele Versuche mit Transportdrohnen. Doch die Laborgruppe Dr. Risch versucht es nun erneut.

image

Deshalb heissen Affenpocken nun Mpox

Das kommt sehr selten vor: Die WHO hat eilig den Namen einer Krankheit geändert. Weil «Affenpocken» zum Schmähwort geworden ist.

image

Der ORBIS U Frame wird pilotiert

«Willkommen bei ORBIS» – seit vielen Jahren begrüsst ORBIS NICE seine Anwender mit diesen Worten. Als Marktführer im deutschsprachigen Raum hat ORBIS täglich viele tausend Nutzer aus allen Arbeitsbereichen eines Krankenhauses.

Vom gleichen Autor

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.

image

Wer will bei den Helios-Kliniken einsteigen?

Der deutsche Healthcare-Konzern Fresenius sucht offenbar Interessenten für den Privatspital-Riesen Helios.

image

Deutschland: Investment-Firmen schlucken hunderte Arztpraxen

Medizin wird zur Spielwiese für internationale Fonds-Gesellschaften. Ärzte fürchten, dass sie zu Zulieferern degradiert werden.