Bezahlte Umkleidezeit: Auch Unispital zieht jetzt mit

Nun will auch das erste Universitätsspital mit über 8'000 Mitarbeitenden das Umziehen als Arbeitszeit anerkennen. Und zwar rückwirkend. Es drohen teure Klagen.

, 14. März 2019 um 07:44
image
  • universitätsspital zürich
  • spital
  • pflege
  • ärzte
Das Zürcher Universitätsspital (USZ) hat den Gewerkschaften mündlich zugesagt, dass das Spital bereit sei, für das Anziehen der Berufskleidung neu zu bezahlen. Dies meldet das Regionaljournal von SRF. Unterschrieben sei zwar noch nichts, wird Roland Brunner vom Zürcher VPOD zitiert, aber er sei sehr zuversichtlich. Gut informierte Quellen aus Spitalkreisen bestätigen das.
Offenbar wirkt der Druck der Gewerkschaft. Auch die Haltung des Zürcher Regierungsrates hat wohl einen Einfluss: Dieser signalisierte kürzlich, dass das Umziehen zur Arbeitszeit gehöre. Bereits auf die Forderung der Gewerkschaft reagiert haben die Schulthess-Klinik und das Kinderspital Zürich (Kispi). 

Rückwirkend bis zu fünf Jahren 

Das USZ hat den Gewerkschaften VPOD und SBK gemäss SRF folgenden Vorschlag gemacht: Den Mitarbeitenden soll die Arbeitszeit rückwirkend per 1. Januar vergütet werden. Wie in Zukunft die Umkleidezeit in die Schichten einfliessen solle, müsse noch verhandelt werden.
Das Unispital könnte diese Umstellung teuer zu stehen kommen. Sobald das Unispital die Umkleidezeit als Arbeitszeit anerkennt, können die Angestellten die Umkleidezeit für die letzten fünf Jahre einklagen, heisst es. Sollten alle Angestellten das tun, könnte dies das Universitätsspital etwa hundert Millionen Franken kosten.

Zwei Wochen Gratisarbeit

Der Zürcher Krankenhausverband (VZK) hat vor kurzem vorgerechnet: Würde ein Spital die Mitarbeitenden fürs Umkleiden bezahlen, könnte das für ein Spital bis zu 20 Millionen Franken kosten.
Nach Berechnungen der Gewerkschaft VPOD addieren sich die täglichen Umkleide-Minuten im Jahr auf rund zwei Wochen. Spitäler und Praxen verpflichten ihr Personal, die Alltagskleidung vor Arbeitsbeginn gegen Berufskleidung einzutauschen.

Was die Spital-Branche empfiehlt

Der Spitalverband H+ schrieb seinen Mitgliedern kürzlich in einem Mail: «Sollte das Thema Umkleidezeit gleich Arbeitszeit auch in anderen Kantonen beziehungsweise Regionen aktuell werden, empfiehlt H+ seinen Mitgliedern, Regelungen über eine allfällige Kompensation auf betrieblicher oder regionaler Ebene gemeinsam mit den Sozialpartnern zu vereinbaren.»
Die Diskussion rund um die bezahlte Umkleidezeit wird derzeit in mehreren Kantonen geführt. Für den VPOD ist die Rechtslage klar. Die Gewerkschaft bezieht sich auf die Richtlinien des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). Die Juristen vom Seco betrachten eine Nichtanrechnung der Umkleidezeit als nicht rechtens. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Klinik Hirslanden holt Pflegeleiter vom Kantonsspital Baden

Der Pflegefachmann Konstantinos Kalaitzis übernimmt die Leitung Pflege an der Zürcher Klinik Hirslanden.

image

Neuer Leitender Arzt für die Spitäler Schaffhausen

Der Radiologe Wolfgang K. E. Schill wechselt vom Kantonsspital Münsterlingen nach Schaffhausen.

image

Trotz Verbot praktiziert verurteilter Arzt weiter

Ein Schweizer Gericht hat gegen einen Arzt ein lebenslanges Berufsverbot verhängt, direkter Patientenkontakt ist ihm untersagt. Nun ist der Hausarzt wieder im Nachbarland aktiv.

image

Die Hausärzte im Kanton Bern rebellieren

Eine Gruppe von Ärztinnen und Ärzten aus dem Emmental und Oberaargau lehnt sich gegen den Ärztemangel auf.

image

Kantonsspital kauft Aktien einer Digital-Plattform

Was Medinside vor einer Woche angekündet hat, ist nun geschehen: Das erste öffentliche Spital steigt bei «Compassana» ein.

image

Auch für Pflege zuhause gelten Ruhezeiten

Keine Chance für einen SVP-Vorstoss, das Arbeitsgesetz für Betreuung und Pflege zuhause aufzulockern: Der Bundesrat blieb hart.

Vom gleichen Autor

image

Berner Arzt hat Aufklärungspflicht doch nicht verletzt

Im Fall einer Nasen-OP mit Komplikationen verneint das Bundesgericht eine Pflichtverletzung eines Berner HNO-Arztes. Die Vorinstanzen haben noch anders entschieden.

image

Warum hunderte Pflegekräfte derzeit «Rücktrittsschreiben» verfassen

Eigentlich möchten viele Pflegefachpersonen ihrem Beruf gar nicht den Rücken kehren. Doch das System zwingt sie dazu, wie eine aktuelle Kampagne in den USA exemplarisch zeigt.

image

Ärzte erhalten von Ärzten eine Sonderbehandlung

Ärzte als Patienten kriegen bestimmte Privilegien, die andere Patienten oder Patientinnen nicht erhalten würden. Dies sagt die grosse Mehrheit der in einer Studie befragten Ärzte.