So will Giezendanner die Gesundheitskosten in den Griff bekommen

Eine Mehrheit der Gesundheitskommission hat einem Vorstoss von Ulrich Giezendanner zugestimmt: Der SVP-Nationalrat will Globalbudgets für Behandlungskosten.

, 16. Februar 2017 um 10:21
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Ulrich Giezendanner: Für einmal für staatliche Eingriffe (PD)
Ulrich Giezendanner, SVP-Nationalrat aus dem Kanton Aargau, hat in der Gesundheitskommission des Nationalrats (SGK) einen Vorstoss eingebracht. Konkret geht es dabei um Globalbudgets für Behandlungskosten, wie die «Neue Zürcher Zeitung» jetzt aus Bern berichtet. 
Damit will der KPT-Verwaltungsrat gegen das Kostenwachstum im Gesundheitswesen ankämpfen. Giezendanners Vorschlag: «Liegt das Kostenwachstum in einem Jahr über einem definierten Wert, reduzieren sich die Tarife für ärztliche Leistungen im Folgejahr automatisch um einen im Voraus festgelegten Faktor», erklärt die NZZ Giezendanners Idee. 

FMH-Präsident: Das geht in Richtung Rationierung

Die Ausgaben sollen dabei nicht plafoniert werden. Es handelt sich also um ein indirektes Globalbudget, so die Zeitung weiter. Der Hebel zur Kostendämpfung seien die Tarife. «Mit tieferen Preisen für ärztliche Leistungen wird das kostentreibende Mengenwachstum kompensiert.»
In der Kommission sprachen sich 13 Mitglieder für und 9 gegen den Vorstoss aus. Der Vorschlag stösst aber auf Kritik. «Mit Globalbudgets ist die Rationierung von ärztlichen Leistungen kein Tabu mehr», sagt Jürg Schlup zur NZZ, Präsident der Ärztevereinigung FMH.

Santésuisse: «Rasenmäher-Methode»

Schlup kritisiert weiter, dass es sich dabei um einen Systemwechsel handle, der durch die Hintertür eingeführt werden solle. «Dafür braucht es aber eine breite öffentliche Diskussion», wird er im Bericht zitiert. 

Lesen Sie auch den Kommentar von Jürg Schlup in der «Schweizerischen Ärztezeitung»: «Wenn die Tarifautonomie fällt, kommt das Globalbudget»

Der Krankenkassenverband Santésuisse nennt den Vorschlag gegenüber der Zeitung eine «Rasenmäher-Methode» mit undifferenzierter Wirkung. Belohnt würden die Ärzte, die ihre Behandlungen steigerten, um die tieferen Tarife zu kompensieren. Dies geschehe zulasten korrekter Mediziner.

Cassis: «Revolution im Gesundheitswesen»

Auch SGK-Präsident Ignazio Cassis lehnt den Vorstoss ab, weil der Staatseingriff zu weitreichend wäre. «Das wäre eine Revolution im Gesundheitswesen», sagte der FDP-Nationalrat zur NZZ. Dafür ist laut Cassis auch der Weg der parlamentarischen Initiative falsch.
«Die Politik fühlt sich ohnmächtig gegenüber den ständig steigenden Gesundheitskosten», sagte Cassis weiter. Der Gesundheitsbereich sei der einzige Sektor, in den staatliche Gelder ohne Budgetkontrolle flössen.
Das Parlament ist ihm zufolge mit einer solch grundlegenden Änderung im Gesundheitswesen überfordert. Damit die SGK des Nationalrats eine Vorlage ausarbeiten kann, benötigt sie nun die Zustimmung der Schwesterkommission des Ständerats. Ob der Vorstoss diese Hürde schafft, ist ungewiss.

Zweiter Vorstoss: Druck auf die Tarifpartner

Im einem zweiten Vorstoss macht die Nationalratskommission Druck auf die Tarifpartner, sich auf einen neuen Tarif im ambulanten Bereich (Tarmed) zu einigen. Wie die NZZ berichtet, sollen künftig alle Tarifpartner zum Mitmachen gezwungen werden können. 
Laut dem Verband Santésuisse, der die Neuerung ablehnt, wäre dazu eine Verfassungsänderung nötig, berichtet die Zeitung weiter. Der Vorstoss wurde mit 16 zu 5 Stimmen an den Ständerat überwiesen.
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