«Schliessungen von Spitälern würden Personalengpässe mildern»

Das Berliner Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) schlägt vor, die Hälfte der Kliniken in Deutschland zu schliessen. Die Studie schlägt in Deutschland hohe Wellen.

, 16. Juli 2019 um 07:58
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Eine starke Verringerung der Klinikanzahl von aktuell knapp 1'400 auf deutlich unter 600 Häuser, würde die Qualität der Versorgung für Patienten in Deutschland verbessern. Zu diesem Schluss kommt eine von der Bertelsmann Stiftung in Auftrag gegeben Studie des Berliner Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES).
Viele Spitäler in Deutschland sind laut der Studie zu klein und verfügen oftmals nicht über die nötige Ausstattung und Erfahrung, um lebensbedrohliche Notfälle wie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall angemessen zu behandeln. Viele Komplikationen und Todesfälle liessen sich durch diese drastische Reduzierung auf weniger als die Hälfte der Kliniken vermeiden.

Schnelle Erreichbarkeit nur ein vermeintlicher Vorteil

Ebenso gingen mit der Konzentration auf unter 600 Spitäler eine bessere Ausstattung, eine höhere Spezialisierung sowie eine bessere Betreuung durch Fachärzte und Pflegekräfte einher. Die Bündelung von medizinischem Personal würde auch bestehende Engpässe bei Ärzten und Pflegepersonal mildern, steht in der Studie weiter.
Die schnelle Erreichbarkeit eines kleinen Spitals sei zudem nur ein vermeintlicher Vorteil. Wenn für einen Schlaganfallpatienten dort kein Facharzt verfügbar sei, habe die Klinik einen gravierenden Qualitätsnachteil. Simulationsbeispiele hätten ferner gezeigt, dass Patienten bei einer Halbierung der Zahl der Kliniken im Durchschnitt keine viel längeren Fahrzeiten in Kauf nehmen müssten.

Zukunftsfähige Krankenhausversorgung: Simulation und Analyse einer Neustrukturierung der Krankenhausversorgung am Beispiel einer Versorgungsregion in Nordrhein-Westfalen. Bertelsmann Stiftung. Juli 2019. 


Studie sorgt für Aufschrei

Die neue – noch offene – Struktur sähe beispielsweise eine gesicherte Notfallversorgung vor, eine Facharztbereitschaft rund um die Uhr, ausreichend Erfahrung und Routine des medizinischen Personals sowie eine angemessene technische Ausstattung. Neben Versorgungsspitälern mit durchschnittlich gut 600 Betten soll es künftig etwa 50 Unikliniken und andere Maximalversorger mit im Schnitt 1'300 Betten geben. 
Die radikale Forderung des Berliner Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) wird scharf kritisiert, etwa von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), von Patientenschützern sowie von der Bundesärztekammer. Wer vorschlage, zahlreiche Krankenhäuser «platt zu machen» und die verbleibenden Kliniken zu Grosskliniken auszubauen, propagiere «die Zerstörung von sozialer Infrastruktur in einem geradezu abenteuerlichen Ausmass, ohne die medizinische Versorgung zu verbessern», sagte etwa DKG-Präsident Gerald Gass.

Finanzielle Lage vieler Spitäler prekär

In Deutschland wird seit Längerem diskutiert, ob es sinnvoll wäre, die Zahl der Kliniken zu verringern. Deutschland weist im internationalen Vergleich im Durchschnitt mehr medizinisches Personal pro Einwohner auf als vergleichbare Länder, aber weniger pro Patient. Zwar funktioniert die Gesundheitsversorgung in unserem Nachbarland etwas anders als hier. Wie in der Schweiz ist die finanzielle Lage vieler Krankenhäuser in Deutschland aber prekär.
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