Genf: Ton zwischen Kanton und Privatkliniken verschärft sich

Der Privatklinik-Verband und der Gesundheitsdirektor kreuzen in Briefen die Klingen. Mit dem Kanton Zürich will sich Mauro Poggia aber nicht vergleichen lassen.

, 4. Oktober 2016 um 08:45
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Der Verband der Genfer Privatkliniken hält die kantonale Spitalpolitik von Staatsrat Mauro Poggia für «dogmatisch-protektionistisch» und «planwirtschaftlich». Dies geht aus einem Brief hervor, mit dem sich Genève-Cliniques an das Genfer Kantonsparlament wandte. 
Laut Westschweizer Medienberichten richtet Verbandspräsident Gilles Rufenacht harte Vorwürfe an den Kanton: 
  • «Der Kanton trägt zur Erhöhung der Krankenkassenprämien bei.» 
  • «Seit dem Jahr 2012 weigert er sich die mit der KVG-Revision einhergehenden Spitalfinanzierung umzusetzen.» 
  • «Der Kanton behindert absichtlich den freien Wettbewerb zwischen den öffentlichen und privaten Spitälern.»
  • «Der Kanton Genf schützt seine Universitätskliniken (HUG).» 
«Wir fordern die Gleichbehandlung», so Rufenacht laut der Zeitung «Le Temps». Der Verband wolle sicherstellen, dass der Kanton Steuergelder nicht für versteckte Subventionen verwende, um ein Defizit zu überdecken.

Zürcher Modell: 3,6 Prozent mehr Prämie

Mauro Poggias Antwort liess nicht lange auf sich warten. Auch er hat sich mit einem Brief an die Grossratsmitglieder gewandt. Poggia stört sich vor allem, dass der Verband die emotionale Zeit der höheren Prämienankündigung nutze, die Schuld dem Kanton in die Schuhe zu schieben.
Den Vergleich mit dem liberalisierten System Zürich weist der Staatsrat im Brief von sich. «Die Mandatierung privater Kliniken führte in Zürich zu einem Anstieg der Spitalkosten von 25 Prozent – zu Lasten der Krankenversichererprämien», so der Gesundheitsdirektor laut einem Bericht in der Zeitung «Tribune de Genève». 
Gesamthaft seien die kantonalen Ausgaben im Zürcher Spitalsektor letztes Jahr um 83 Prozent gestiegen. Hätte Genf die gleiche Politik verfolgt, wären die Kosten um zusätzliche 77 Millionen Franken gestiegen, was 3,6 Prozent mehr Prämie entspreche.

Beide Parteien zu Gesprächen bereit

Die Genfer Gesundheitsdirektion bezeichnet die immer wieder erwähnte Aussage, Privatkliniken seien günstiger, als schlicht falsch. Laut Generaldirektor Adrien Bron veröffentlichen Privatkliniken ihre Kosten nicht und behandeln im Schnitt Patienten, die zehn Jahre jünger sind als die am HUG. 
Man sei bereit zu diskutieren und alle notwendigen Zahlen zu veröffentlichen, so Bron. Gilles Rufenacht will allerdings keinen Krieg der Zahlen starten, sondern die Debatte eröffnen – im Hinblick auf die Verteilung der Mandate in zwei Jahren. 
«Wir sind bereit über den Vergleich mit Zürich zu diskutieren, aber wir müssen auch über die Quersubventionierung der öffentlichen Spitäler sprechen», so Rufenacht zu «Tribune de Genève».
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