Pharma: Sandoz-Kauf wäre ein zu weitreichender Eingriff

Soll der Bund das zum Verkauf stehende Pharma-Unternehmen Sandoz erwerben? Ja, finden Vertreter der SP. Doch der Bundesrat hält wenig von diesem Vorschlag.

, 22. Februar 2022 um 10:03
image
Den Sozialdemokraten von der SP schwebt vor, dass der Bund das Unternehmen Sandoz erwirbt, ein Teilkonzern des Pharmkonzerns Novartis, der zum Verkauf steht. Das Ziel sei es, dass die Eidgenossenschaft die «wirtschaftliche Kontrolle» über das Pharma-Unternehmen erhalte, um eine «Unternehmensführung im Dienste des Gemeinwohls» einrichten zu können. So sieht es die Motion von Nationalrat Samuel Bendahan vor.
Das Covid-19-Gesetz ebne der Landesregierung jetzt den Weg und biete die Gelegenheit, um selbst in der Arzneimittel-Produktion aktiv zu werden, steht dort zu lesen. Begründet wird das Vorhaben unter anderem mit Versorgungsengpässen bei Arzneimitteln. Aber auch mit der angeblich gefährdeten Versorgungssicherheit aus Gründen der «Rentabilität».

«Die nächste grosse Zeitbombe im Gesundheitswesen»

Handlungsbedarf bestehe auch bei den Umweltschutz-Massnahmen in der Antibiotika-Produktion, schreibt der promovierte Ökonom Bendahan. Es sei «die nächste grosse Zeitbombe im Gesundheitswesen», weil angeblich durch zu wenig Umweltschutz kontaminiertes Abwasser zur Entstehung multi-resistenter Keime führe, die jährlich für etwa 700 000 Todesfälle verantwortlich seien.
Der Kauf des Pharma-Unternehmens würde es in der Folge ermöglichen, in den Produktions-Stätten für Antibiotika bessere Umweltschutz-Massnahmen anzuwenden und diese auch bei den Anbietern im Ausland durchzusetzen, steht in der Motion des 41-jährigen Waadtländer Nationalrates weiter zu lesen. Sandoz ist einer der weltweit führenden Anbieter von Generika und einer der grössten Hersteller von Antibiotika.

Gesetz sieht keine Unternehmenskäufe vor

Von diesem Vorschlag will der Bundesrat aber nichts wissen, wie er in seiner Antwort nun festhält. Die Versorgungsengpässe könnten nicht durch den «isolierten Kauf» eines einzigen Pharma-Unternehmens gelöst werden. Bei Arzneimitteln gehe es um hochspezialisiertes Fachwissen, welches nicht in einem einzigen Unternehmen vorliegen könne.
Der Bundesrat findet einen solchen Kauf ausserdem «einen zu weitreichenden Eingriff in die privatwirtschaftliche Ordnung der Arzneimittelproduktion». Die Landesregierung hält gleichzeitig fest, dass der Bund keinen Versorgungsauftrag habe und dieser bei den Kantonen liege. Auch sehe das Landesversorgungs-Gesetz den Erwerb der Kontrolle von Unternehmen als Vorbereitungshandlung nicht vor.

Eigenherstellung von Arzneimitteln diskutieren

Der Bundesrat ist darüber hinaus der Auffassung, dass die Anliegen in der eingereichten Motion bereits im Rahmen anderer Arzneimittel-Projekte behandelt würden. Er verweist dabei auf die gemeinsame Arbeit zwischen Bundesamt für Gesundheit (BAG), Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung, Swissmedic und Armeeapotheke. 
In diesem Zusammenhang soll eine Arbeitsgruppe demnächst unter anderem Massnahmen wie Marktüberwachung, Lagerhaltung oder die Frage einer Eigenbeschaffung- und -Herstellung vertieft prüfen und entsprechende Umsetzungsvorschläge erarbeiten, schreibt die Landesregierung abschliessend.

Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Anbieter des E-Patientendossiers erhalten Geld

Bis zu 30 Franken pro EPD-Eröffnung erhalten die Anbieter ab Oktober. So will der Bundesrat das Patientendossier vorläufig retten.

image

Bundesrat: Fünf Schritte gegen Medikamenten-Engpässe

Unter anderem prüft die Landesregierung befristete Import-Zulassungen, einfachere Bewilligungen oder den Verzicht auf Wirtschaftlichkeits-Prüfungen.

image

Werden Mammografien wegen Tardoc unrentabel?

Laut einer SP-Nationalrätin droht nun ein Rückgang bei den Mammografie-Screenings. Der Bundesrat widerspricht.

image

Fehlende Kenntnisse in der Komplementärmedizin

SP-Nationalrätin verlangt bessere Kompetenzen im Bereich Komplementärmedizin.

image
Gastbeitrag von Niklaus Meier und Katharina Blankart

Arzneimittelpreise: Das Swiss Drug Pricing Model könnte Klarheit schaffen

Ein neues Modell hilft, für neue Medikamente den angemessenen Preis zu ermitteln – und so den Verhandlungspartnern Orientierung zu bieten. Die Basis: Effizienz und Evidenz.

image

Pharmafirma streicht in Basel 150 Stellen

Das deutsche Pharma-Unternehmen Bayer baut an ihrem Standort in Basel 150 von rund 1000 Stellen ab. Nicht ganz überraschend.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.