Pflegeinitiative: «Das ist ein wichtiger Erfolg»

Der indirekte Gegenvorschlag der Pflegeinitiative ist unter Dach und Fach. Der SBK und die Arbeitgeberverbände zeigen sich von der Kompromisslösung zufrieden.

, 19. März 2021 um 13:31
image
Das Parlament hat am Freitag in der Frühlingssession dem indirekten Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative mit grosser Mehrheit zugestimmt. Die Vorlage enthält zwei wichtige Forderungen der Volksinitiative, die vor dreieinhalb Jahren eingereicht wurde. 
  1. Ausbildungsoffensive: Die Kantone sind verpflichtet, sich an den Ausbildungsbeiträgen zu beteiligen. Insgesamt stellen Bund und Kantone während 8 Jahren rund eine Milliarde Franken etwa je zur Hälfte zur Verfügung. Das Ziel ist, die Zahl der Abschlüsse zur diplomierten Pflegefachperson HF und FH zu erhöhen.
  2. Kompetenz Pflegepersonal: Bestimmte Pflegeleistungen sollen ohne ärztliche Anordnung direkt von den Krankenkassen bezahlt werden. Voraussetzung dafür sind Verträge zwischen den Verbänden der Leistungserbringern und jenen der Versicherer, inklusive Kontroll- und Korrekturmechanismen, um ungerechtfertigte Mengenausweitung zu vermeiden. 
Vor allem über den zweiten Punkt zeigt sich Yvonne Ribi vom Schweizer Berufsverband der Pflegefachpersonen SBK erfreut: «Zum ersten Mal ist damit der eigenverantwortliche Bereich der Pflegefachpersonen im KVG verankert», sagt die Geschäftsführerin. Der Verband setzt sich seit über 20 Jahren dafür ein. Das ist gemäss SBK ein wichtiger Erfolg.

Nächster Entscheid fällt im Juni

Ob die Massnahmen aber ausreichen, um die Initiative zurückzuziehen, ist noch offen. Denn das Problem der vielen Berufsaussteigerinnen werde nicht angegangen: Ribi nennt mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen als zentrale Faktoren. 
Das Initiativkomitee wird laut eigenen Angaben im Juni darüber entscheiden. Zuvor muss noch der Ständerat in der Sommersession über die Pflegeinitiative selber abstimmen. 

«Weg zum Rückzug geebnet»

Der Spitalverband H+ und Arbeitgeberverbände der Pflege begrüssen den Kompromiss in letzter Minute. Der Vorschlag sei geeignet, den drohenden Fachkräftemangel rasch zu beheben – und dem Beruf die gebührende Anerkennung entgegen zu bringen. 
Aus Sicht der direktbetroffenen Arbeitgeberverbände wie H+, dem Branchenverband Curaviva oder dem Dachverband Spitex Schweiz wurde damit der Weg zum Rückzug der Initiative geebnet. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Krankenkassen müssen pflegende Angehörige weiterhin bezahlen

Obwohl Krankenkassen und Gemeinden mehr Kosten befürchten, findet der Bundesrat: Pflegende Angehörige sollen eine bezahlte Anstellung erhalten.

image

Pflegeinitiative: Kommission drückt aufs Tempo

Mit nur einer Stimme Mehrheit spricht sich die nationalrätliche Gesundheitskommission für eine attraktivere Passerelle von HF zu FH aus.

image

Clever statt teuer: Neue Wege für die Pflege

Die zweite Etappe der Pflegeinitiative lässt sich stemmen – auch ohne höhere Prämien oder mehr Steuergeld. Wenn man bereit ist, über den Tellerrand zu schauen. Denn der Staatshaushalt hätte Spielraum.

image

Wallis verleiht zum ersten Mal einen Pflegepreis

Die Pflegefachfrau Sonam Dreyer-Cornut ist die erste Preisträgerin, die vom Kanton ausgezeichnet worden ist. Sie arbeitet auch für «Ärzte ohne Grenzen».

image

Paraplegiker-Zentrum holt Pflege-Chefin vom USZ

Pascale Thüring wird Leiterin Pflege in Nottwil und damit auch Mitglied der Geschäftsleitung.

image

«Rückschritt für die Pflege»: Widerstand gegen Sparpaket in St. Gallen

Die Kantonsregierung will Ausbildungsbeiträge für Pflegestudierende reduzieren – nur zehn Monate nach der Zustimmung der Bevölkerung zum Ausbildungsgesetz.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.