Pflegepersonal: Protest gegen Rekrutierung aus armen Ländern

Mehrere Organisationen lancieren einen Aufruf: Die Schweiz verletze immer noch den WHO-Kodex für die Anwerbung von Gesundheitsfachleuten, so die Kritik.

, 28. Mai 2024 um 22:16
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Weltweit gefragt: Philippinischen Pflegefachleute in der Ausbildung  |  Bild: Henry Gettys / Wikimedia Commons.
Als im Frühjahr bekannt wurde, dass das Kantonsspital Baselland sieben Pflegefachleute aus den Philippinen engagiert hatte, setzte es auch bald Kritik. Ende April debattierte sogar der Landrat – also das Kantonsparlament – über das Experiment.
Denn da stand zugleich eine ethische Frage im Raum: Ist es in Ordnung, dass ein reiches Land wie die Schweiz seinen Mangel an medizinischen Fachkräften bekämpft, indem es diese Fachkräfte aus ärmeren Ländern abwirbt?
Heute rekrutiert die Schweiz gut ein Drittel des Pflegepersonals im Ausland; dies hat allerdings teilweise auch mit der Grösse des Landes zu tun (so dass der Anteil an Grenzgängern zwangsläufig höher ist). Aber Pflegepersonal aus einem Land wie den Philippinen einfliegen? Das ist und bleibt heikel.
Das Netzwerk Medicus Mundi Schweiz und der Pflegepersonal-Verband SBK haben nun einen «dringenden Aufruf» lanciert: «Personalmangel im Gesundheitswesen nicht auf Kosten der Ärmsten bekämpfen!», lautet der Titel.
Die Schweiz verletze immer noch den WHO-Kodex für die Anwerbung von Gesundheitsfachleuten, so der Befund: «Die Schweiz kommt ihrer Verantwortung nicht nach, sondern rekrutiert mehr denn je im Ausland. Gleichzeitig hat die Zahl der Länder, die von extremem Gesundheitspersonalmangel betroffen sind, von 48 auf 55 zugenommen.»
«Die unverantwortliche Rekrutierungspraxis, auch von der Schweiz, führt dazu, dass Krankheitsausbrüche nicht verhindert, eingegrenzt und bekämpft werden können. Das gefährdet die Gesundheit weltweit – auch der Menschen in der Schweiz.» – Aus dem «dringenden Aufruf».
Konkret hält der Kodex fest, dass sich die WHO-Mitgliedstaaten bemühen sollten, «einen nachhaltigen Personalbestand im Gesundheitswesen aufzubauen und dort auf eine wirksame Personalplanung sowie Strategien zur Aus- und Weiterbildung und zum Erhalt des Personalbestands hinzuarbeiten, wodurch sich ihr Bedarf an einer Anwerbung zuwandernder Gesundheitsfachkräfte verringert.»
Zu den Unterzeichnern des «dringenden Aufrufs» zählen nun unter anderem MFE Haus- und Kinderärzte, Physioswiss, der Hebammenverband SHV sowie die Gewerkschaften Syna, Travail.Suisse und VPOD.
«Die Rekrutierung im Ausland löst den Mangel an Fachpersonal nicht», so ein Befund des Textes: «Das Recht auf Gesundheit ist weltweit ein Recht für alle und das Gesundheitspersonal keine Ware.»
Global fehlen über 30 Millionen Pflegefachleute, so eine Schätzung des International Council of Nurses ICN. Soeben erschien übrigens auch ein warnender Bericht der Industriestaaten-Organisation OECD: Danach wollen heute deutlich weniger junge Menschen den Pflegeberuf ergreifen als noch vor einigen Jahren (wobei die Schweiz notabene unter jenen Ländern auftaucht, in denen der Rückgang des Interesses besonders deutlich war).
Die Autoren des «dringenden Aufrufs» schlagen darum vor, dass Kantone und Arbeitgeber hierzulande stärker «in ein qualitativ gutes Arbeitsumfeld im Gesundheitswesen investieren, damit nicht noch mehr Gesundheitspersonal aus Spitälern, Heimen und weiteren Gesundheitsinstitutionen davonläuft.»
Die Mittelverteilung im Gesundheitssystem müsse stärker auf das Gesundheitspersonal ausgerichtet werden. Ferner müssten die Kantone die Mittel sprechen, um die Qualität in der Ausbildung zu fördern.
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