Pflegeausbildung: FH-Bachelor oder doch lieber ein HF-Diplom?

Peter Marbet, der Direktor des Berner Bildungszentrums Pflege, skizziert die Probleme der Höheren Fachschulen für Pflegeberufe.

, 28. Oktober 2015 um 10:32
image
  • pflege
  • höhere fachschule
  • ausbildung
Selbst viele Personalfachleute in Spitälern scheitern an der Aufgabe, die wichtigsten Unterschiede zwischen Fachhochschulen (FH) und Höheren Fachschulen (HF) zu nennen.
Während sich die Abkürzung FH langsam etabliert hat, gelten Höhere Fachschulen (HF) immer noch als Mauerblümchen der tertiären Bildung.
Zu Unrecht, findet Peter Marbet. «Die Höheren Fachschulen müssen gestärkt werden», schreibt der Direktor des Berner Bildungszentrums Pflege in einem Gastbeitrag für die Zeitung «Der Bund».
Laut Marbet kämpfen die Höheren Fachschulen derzeit mit folgenden Problemen:

  • Titel: Der Abschluss einer Pflegeausbildung HF heisst derzeit auf Englisch «College of Professional Education and Training (PET) Degree in Nursing». Wird die gleiche berufliche Kompetenz an einer FH erlernt, heisst das Diplom «Bachelor of Science in Nursing». Der Titel führt zu ungleich langen Spiessen. Deshalb braucht es eine attraktive englische Übersetzung der HF-Titel.
  • Wert im Ausland: Aufgrund der unattraktiven Titelübersetzung werden HF-Abgängerinnen und HF-Abgänger im Ausland unterschätzt, ihr Abschluss wird häufig mit einem Lehrabschluss verwechselt. Es braucht deshalb eine Einstufung der Abschlüsse der höheren Berufsbildung in einen Rahmen, der es erlaubt, die Kompetenzen in einen internationalen Kontext zu übersetzen und die Gleichwertigkeit zu den Abschlüssen der Hochschulen darzustellen.
  • Anerkennung der HF-Bildungsanbieter: Heute kennen die HF-Bildungsinstitutionen keine institutionelle Anerkennung, lediglich die Bildungsgänge werden staatlich geprüft und anerkannt. Analog zu den Universitäten und Fachhochschulen benötigen die HF-Bildungsanbieter ebenfalls eine Anerkennung als Institution, um sich im Wettbewerb der tertiären Bildung positionieren zu können.

Taten folgen lassen


Schuld daran ist die Zurückhaltung des Staatssekretariates für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Bislang sei die vom Bund beabsichtigte Stärkung der höheren Berufsbildung nämlich «mehr Absicht denn Tatsache», schreibt Marbet, der auch Präsident des Verbands HF Bern ist.
Nach Jahren der Diskussion und Absichtserklärungen sei es nun an der Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen.
«Wollen wir die höhere Berufsbildung und namentlich die Höheren Fachschulen nicht nur im Ausland positionieren, müssen wir die notwendigen Voraussetzungen auch im Inland schaffen, damit die Höheren Fachschulen gegenüber den Hochschulen weiterhin eine attraktive Alternative bleiben», folgert Marbet. 

  • FH (Fachhochschule): Praxisorientierung. Hauptsächlich anwendungsorientierte Theorie. Zugang mit (Berufs-)Matur. Bachelor- und Master-Stufe. Dozierende mehrheitlich aus der Praxis.
  • HF (Höhere Fachschule): Praxisorientierung. Weniger Theorie. Direkter Zugang ohne (Berufs-)Matur. Diplom-Stufe. Dozierende aus der Praxis. 

Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Studie: Wo das Pflegepersonal unzufrieden ist, sterben mehr Patienten

Erstmals wurden Zusammenhänge zwischen den Kündigungsabsichten in der Pflege und der Mortalität im Spital erforscht.

image

Pflegefachfrau als «Jungunternehmerin des Jahres» gewürdigt

Alessia Schrepfer wurde für die Gründung von WeNurse mit dem Women Award des Swiss Economic Forum ausgezeichnet.

image

4-Tage-Woche in der Pflege: Ernüchterndes Ergebnis

Ein deutsches Spital führte neue Arbeitszeit-Angebote ein. Nach der Anfangseuphorie kam der Alltag.

image

Temporärarbeit in der Pflege verdient Neubeurteilung

Das Pflegepersonal ächzt unter dem Fachkräftemangel. Personaldienstleister helfen, dringend benötigtes Personal für Gesundheitseinrichtungen zu finden und tragen doppelt zur Problemlösung bei: Es gelingt Lücken zu schliessen und flexibilitätssuchende Fachkräfte gehen der Branche nicht ganz verloren.

image

SBK und KSGL-Spitze suchen neue Vertrauensbasis

Der Pflegeverband setzte die Sozialpartner-Gespräche aus, weil das Kantonsspital trotz Entlassungen Neueinstellungen durchführte. KSGL-CEO Stephanie Hackethal zeigt sich «irritiert» und weist die Vorwürfe zurück.

image

Altersheim-Gruppe bietet 4-Tage-Woche an

Bei Glarus-Süd-Care kann neu zwar nicht weniger, aber konzentrierter gearbeitet werden. Nämlich nur noch an vier statt an fünf Tagen pro Woche.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.