Neue deutsche Digital-Krankenversicherung

Erstmals seit Jahrzehnten startet wieder eine deutsche Privat-Krankenversicherung: «Ottonova» bietet Zusatzversicherungen im Voll-Digital-Modus. Eine Inspiration auch für hiesige Kassen?

, 19. Juli 2017 um 09:56
image
  • versicherer
  • trends
In Deutschland startete erstmals seit Jahrzehnten eine private Krankenkversicherung: Ottonova, so der Name – auch benannt nach Otto von Bismarck, der als Reichskanzler 1883 erstmals eine öffentliche Krankenkasse einführte.
Konkret fasst das neue Unternehmen seine Spezialisierung so zusammen:

Wir sehen also: Alles läuft digital, und ein so genannter Concierge-Dienst hilft von der Terminfindung bis zur Nachbetreuung. Bei Ottonova kann man sich ausschliesslich online anmelden, die Kommunikation läuft über das Smartphone, auch die Rechnungen und Belege werden digital hin- und herversandt beziehungsweise gespeichert.

Stück für Stück zum EPD

Mit der Zeit soll sich der Versicherte quasi das Patientendossier selber zusammenstellen: «Mit unserer App verfügt der Kunde über eine Art Timeline», erklärte Firmengründer Roman Rittweger auf dem Fachportal «Gründerszene». «Er lädt die Rechnungen der Ärzte hoch und kann freiwillig die Befunde hinzufügen, so entsteht Stück für Stück eine digitale Gesundheitsakte.»
Die Inspiration ist klar: Es ist «Oscar», die Insurtech-Firma, die vor zwei Jahren in den USA lanciert wurde.
Die einfache Bedienung und die Nutzerfreundlichkeit der Website werden dort als Kernkompetenz betrachtet. Die Versicherten können jederzeit mit einem Arzt telefonieren – gratis. Oscar ist zugleich eine Ärztebuchungs-Plattform: Für die Kunden dient die Site als direkte Kontaktstelle zu Ärzten, Therapeuten, Apothekern oder anderen Gesundheits-Versorgern. Und auch bei Oscar hat man seine eigene Timeline – hier einfach mit Gesundheits-Informationen (beziehungsweise Verknüpfungen zu Gesundheits-Partnern).

  • Zum Thema: Liebe Krankenkassen: Vielleicht wird es wirklich Zeit, sich mal Oscar anzuschauen

Und so hat auch Ottonova einen Concierge-Service, der die Kunden digital zum Arzttermin und zur Nachbetreuung führt.  Die Versicherung bietet den Kunden in zwei Paketen quasi eine Privat- und eine Halbprivat-Versicherung. Besondere Abdeckungen sichern bei Schwangerschaft, Geburt und Pflege kranker Kinder – denn Angebot richtet sich insbesondere an urbane, digitale, gut ausgebildete Menschen zwischen 25 und 40 Jahren. Demnächst sollen Versicherungen im Dentalbereich hinzukommen.
Roman Rittweger, der Gründer, ist ursprünglich Arzt und arbeitete dann jahrelang als Krankenkassen-Manager. Insgesamt 40 Millionen Euro flossen zum Start in das Unternehmen, so vom Versicherer Debeka sowie den Startkapital-Firmen Holtzbrinck Ventures, Vorwerk, Tengelmann Ventures, btov und STS Ventures. Damit wird Ottonova mit über 100 Millionen Franken bewertet.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Ausgezeichnetes Schweizer Design für Laborgeräte

Drei Laborgeräte, die in der Schweiz gestaltet worden sind, haben die renommierte Design-Auszeichnung «Red Dot Award» 2025 gewonnen.

image

Verhandlungen zwischen Versicherern und Spitälern: ein «halber Misserfolg»

In Genf gibt es keine Einigung bei den Zusatzversicherungen. Patienten erhalten für bestimmte Behandlungen keine Kosten mehr zurückerstattet.

image

Peter Indra geht zur Sanitas

Der Arzt und ehemalige Chef des Zürcher Amts für Gesundheit soll beim Krankenversicherer die Grundversorgung gezielt weiterentwickeln.

image

In dieser Halle werden Spitäler designt

Das Spital Bülach, das Spitalzentrum Biel und der Innovation-Hub Genolier sind Kunden des Swiss Center for Design and Health im bernischen Nidau bei Biel.

image

Genf: Milliarden-Campus für das Leben von morgen

In Meyrin bei Genf wird ein ambitioniertes Gesundheitsprojekt aufgegleist: Es soll ein Dutzend Neubauten und 150'000 Quadratmeter Fläche umfassen – und hat einen interessanten Fokus.

image

In Genf und Waadt geht es um die «Geiselnahme» der Zusatzversicherten

Der Konflikt zwischen Ärzten und Versicherern über die Kostenübernahme für Halbprivat- und Privatpatienten schwelt weiter: Die Waadtländer Ärztegesellschaft wendet sich an die Finma, während Genf ein Ultimatum stellt.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.