Schweizer Medtech-Branche malt düsteres Szenario

Swiss Medtech schlägt Alarm. Und zwar vor dem Hintergrund des umstrittenen Rahmenabkommens für Medizinalprodukte.

, 20. Januar 2020 um 13:42
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Noch bis zum 25. Mai 2020 gilt ein bilaterales Abkommen, dank dem Schweizer Medtech-Unternehmen ihre Produkte mit einer Schweizer Zulassung auch in den EU-Binnenmarkt verkaufen können. Danach soll Schluss sein: Ende Mai setzt die Europäische Union (EU) die neue Medizinalprodukte-Verordnung in Kraft. Das Abkommen über die technischen Handelshemmnisse (MRA) müsste aktualisiert werden. Doch die Gespräche zwischen der Schweiz und Brüssel sind von der EU blockiert.
Der Branchenverband Swiss Medtech geht nun vom schlimmstmöglichen Szenario aus, wie die Branchenvereinigung am Montag an seine rund 1'400 Mitgliederfirmen schreibt. «Seit letztem Dezember interpretieren Juristen der EU-Kommission das MRA in der für die Schweiz ungünstigsten Weise», steht im Schreiben zu lesen. Konkret: Die EU anerkennt die Schweizer Zulassung der Medtech-Produkte nicht mehr.
Und weiter: «Die Auslegung geht davon aus, dass das Mutual Recognition Agreement (MRA) nach dem 26. Mai 2020 für Medizinprodukte entfällt.» Das würde für Schweizer Anbieter höhere administrative Hürden beim Export in die EU bedeuten, und zwar nicht nur für jene Produkte, die nach dem 26. Mai 2020 zugelassen werden, sondern auch für alle ältere Produkte.

«Worst Case» aus heutiger Sicht realistisch

Schweizer Firmen müssten demnach dieselben Vorschriften wie Anbieter aus irgendeinem anderen Drittland befolgen. Sie müssten so zum Beispiel eigene Bevollmächtigte in einem EU-Land bezeichnen. Und auch der Dokumentationsaufwand für die Zulassung von Implantaten, Hörgeräten oder künstliche Gelenken wäre höher.
«Dieser Worst Case, bei dem Schweizer Hersteller ab 26. Mai 2020 für alle Medizinprodukte die Anforderungen eines Drittstaates erfüllen müssen, ist damit aus heutiger Sicht realistisch», schreibt Swiss Medtech. Die Unternehmen, so die Empfehlung der Branchenvereinigung, sollten diese Rechtslücke in ihre Geschäftsüberlegungen miteinbeziehen. 
Ein Funken Optimismus bleibt allerdings: Die Mitgliedfirmen sollten «berücksichtigen, dass eine politische Lösung in letzter Minute vor dem 26. Mai 2020 nicht ausgeschlossen ist», fügt der Verband hinzu, der über 50'000 Angestellte vertritt und einen Umsatz von jährlich 16 Milliarden Franken erzielt.
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