«Ärzte, lasst Euch frühpensionieren»

Die Renten in der beruflichen Vorsorge sinken. Was können selbständige Ärtzinnen und Ärzte dagegen tun? Sich frühpensionieren lassen und eine AG gründen.

, 21. Januar 2020 um 07:36
image
  • ärzte
  • pensionskasse
Das Problem ist bekannt: Die Umwandlungssätze und damit die Renten in der beruflichen Vorsorge sinken. Unter Umständen kommt man auf eine höhere Rente, wenn man sich vorzeitig pensionieren lässt. Man kann dann vom höheren Umwandlungssatz profitieren. 
Also: Warum nicht die höhere Rente beziehen und weiterhin erwerbstätig bleiben?
Diese Frage stellte eine Ärztin der A-B-C-News Ärzteberatung. Versichert ist sie bei der Personalvorsorgestiftung der Ärzte und Tierärzte (PAT-BVG).

Tiefere Rente trotz kürzerer Bezugsdauer

Die Rechnung ist schnell gemacht: Lässt sich eine 62-jährige Ärztin vorzeitig pensionieren, kommt sie auf einen Umwandlungssatz von 5,35 Prozent. Wird sie aber erst mit 64 pensioniert, gibts bei der PAT-BVG nur noch 5,25 Prozent, obschon die Bezugsdauer statistisch weniger lang sein wird. Der Grund liegt in der gestaffelten Senkung der Umwandlungssätze, wie sie bei vielen Vorsorgeeinrichtungen zu beobachten ist.
Das Ansinnen der Ärztin ist nachvollziehbar; die Umsetzung nicht ganz einfach. Denn laut Artikel 13 des Bundesgesetzes über die berufliche Vorsorge (BVG) ist der Anspruch auf Altersleistungen immer auch mit der Beendigung der Erwerbstätigkeit verbunden.

Gründen Sie eine AG

Andreas Frei, Leiter Vorsorge bei der PAT-BVG, sieht dennoch einen Ausweg, wie bei A-B-C-News Ärzteberatung zu lesen ist und er gegenüber Medinside bestätigt.
«Es kommt vor, dass Ärzte ihre Einzelfirma in eine Aktiengesellschaft umwandeln und dann die bisherige Erwerbstätigkeit als Mitarbeiter des neuen Arbeitgebers, nämlich der eigenen Praxisaktiengesellschaft, eins zu eins fortführen», sagt Vorsorgespezialist Frei. 
Dennoch findet er das Beispiel der selbständig erwerbenden Person, welche ihre selbständige Tätigkeit aufgibt und dann neu Mitarbeitende ihrer eigenen Aktiengesellschaft wird, eine Grauzone.
Heinz Wullschläger ist Geschäftsführer der VSAO-Stiftung für Selbständigerwerbende. Sie versichert Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte sowie Kliniken, also mehr oder weniger die gleiche Zielgruppe wie die PAT-BVG. Er kennt in der Praxis das von der PAT-BVG vorgeschlagene Vorgehen, wie er auf Anfrage bestätigt.

Wechsel in eine andere Vorsorgeeinrichtung

Wie aber Andreas Frei zudem bemerkt, ist die Gründung der AG nicht zwingend. Man könnte ganz einfach die Vorsorgestiftung wechseln. Es ist nicht verboten, die Erwerbstätigkeit vorzeitig aufzugeben, die Rente zu beziehen, sich anderswo wieder anstellen und sich dort via 2. Säule versichern zu lassen. Wobei der Arbeitsmarkt, wie er heute funktioniert, diese Möglichkeit nur selten ermöglicht.

Die beiden Ärztepensionskassen in Zahlen

PAT-BVG hat:Arbeitgeber: 5751Selbständige 4946Aktive 24'157Rentenbezüger 2701
VSAO hat:Arbeitgeber: 4013Selbständige 2240Aktive 8761Rentenbezüger 836
Doch selbständig Erwerbende, wie besagte Ärztin, befinden sich in einer privilegierten Situation. Anders als Angestellte können sie sich ihre Vorsorgeeinrichtung selber aussuchen. Also haben sie die Möglichkeit, sich vorzeitig bei der Pensionskasse pensionieren zu lassen und sich in einem zweiten Schritt einer anderen Vorsorgeeinrichtung anzuschliessen.

An älteren Versicherten nicht interessiert

Selbständig Erwerbenden anderer Berufe ist dieses Vorgehen häufig verwehrt. Herkömmliche Sammelstiftungen lehnen die Aufnahme älterer Versicherten in vielen Fällen grundsätzlich ab. Pensionskassen mit einem zu hohen Rentnerbestand sind anfälliger. Bei einem zu tiefen Deckungsgrad könnten aktiv Versicherte zur Kasse gebeten oder ihre Leistungen gekürzt werden. Rentnerinnen und Rentnern hingegen bleiben von einer Sanierung oder Leistungskürzung verschont.
Selbständige Ärztinnen und Ärzte haben es besser: Sowohl PAT wie auch die VSAO -Stiftung nehmen auch Versicherte auf, die das 60. Altersjahr hinter sich haben, solange sie das Pensionsalter noch nicht erreicht haben. Freilich muss man einige Gesundheitsfragen beantworten. Eine Hürde, die nicht alle zu überspringen vermögen.  
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Ärztemangel: Bern drohen weitere Versorgungsengpässe

Auch Fachgebiete wie die Endokrinologie, Gynäkologie und Rheumatologie sind zunehmend betroffen. Das zeigen aktuelle Zahlen der Ärztegesellschaft des Kantons Bern.

image

SAMW: Drei neue Ehrenmitglieder

Der Senat wählte zudem Arnaud Perrier zum neuen Präsidenten der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften.

image

Aargauischer Ärzteverband: Neuer Präsident

Der Nachfolger von Jürg Lareida heisst Thomas Ernst.

image

Das sind die SGAIM-Preisträger

Die Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin hat fünf Projekte mit Fokus «Sonografie» ausgezeichnet.

image

Hausarzt wehrt sich gegen Klima-Behauptungen

Ein Zeitungsartikel suggeriert, dass wir uns zwischen Gesundheit und Klimaschutz entscheiden müssten. Ein Arzt aus dem Emmental widerspricht.

image

Verurteilt: Berner Pflegefachfrau gibt sich als Ärztin aus

Im heimischen Sprechzimmer stellte sie Atteste aus und versuchte sich als Ärztin. Damit reiht sie sich ein in eine lange Liste von «Hochstaplern in Weiss».

Vom gleichen Autor

image

«Genau: Das Kostenwachstum ist kein Problem»

Für FMH-Präsidentin Yvonne Gilli ist klar: Es braucht Kostenbewusstsein im Gesundheitswesen. Aber es braucht keine Kostenbremse-Initiative.

image

«Kein Mensch will Rationierungen»

Für Santésuisse-Präsident Martin Landolt würde die Kostenbremse-Initiative nicht zu Qualitätsverlust führen. Solange die Bundespolitik ihre Hausaufgaben macht.

image

«Die Spitäler sind selber schuld»

Santésuisse-Präsident Martin Landolt über defizitäre Spitäler, den Tardoc-Streit, ambulante Pauschalen und unnatürliche Kooperationen.